Leitsatz (amtlich)
Wird in einem Vergleich auch der nicht rechtshängige Gesamtschuldnerausgleich zwischen einer Streitpartei und einem Streithelfer mitgeregelt, so begründet dies einen Mehrwert des Vergleichs für diese Streitpartei und den Streithelfer.
Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 4 O 237/03) |
Tenor
Auf die Gegenvorstellung der Klägerin wird der Beschluss des OLG Stuttgart vom 21.11.2014 unter II. dahin abgeändert, dass der Vergleich im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Streithelferin A. GbR einen Mehrwert von 64.065,26 EUR hat.
Gründe
Der Gegenvorstellung der Klägerin führt zur Festsetzung eines Mehrwertes des Prozessvergleichs.
I. Die Parteien hatten vorliegend unter Einbeziehung der auf Beklagtenseite beigetretenen Streithelferin den Rechtstreit vergleichsweise erledigt und im Vergleich auch mögliche Gesamtschuldnerausgleichsansprüche zwischen der Klägerin und der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Streithelferin erledigt. Der Senat hatte im Beschluss vom 21.11.2014 zunächst für den Vergleich keinen Mehrwert festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Gegenvorstellung, mit der sie die Festsetzung eines Mehrwertes i.H.v. 64.065,26 EUR erstrebt.
II. Die Regelung des Gesamtschuldnerausgleichs begründet vorliegend einen Mehrwert des Vergleichs für die Klägerin und die Streithelferin GbR. Denn hierdurch wird ein nicht streitgegenständlicher Anspruch erledigt (1.), der mit den streitgegenständlichen Ansprüchen auch nicht wirtschaftlich identisch ist (2.).
1. Ein Mehrwert des Vergleichs fällt grundsätzlich dann an, wenn die Parteien einen nicht streitgegenständlichen Anspruch vergleichsweise miterledigen. Die miterledigten Gesamtschuldnerausgleichsansprüche waren vorliegend nicht streitgegenständlich. Allerdings bestehen diese nicht zwischen den Parteien des Rechtstreits. Ob die vergleichsweise Erledigung von Gesamtschuldnerausgleichsansprüchen zwischen einer Partei des Rechtstreits und einem Streithelfer zu einem Mehrwert führt, ist umstritten.
a. So wird vom OLG Koblenz (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 22.12.1997 - 14 W 771/97, JurBüro 1999, 196, juris Rz. 2) und vom OLG Köln (OLG Köln, Beschl. v. 29.11.1972 - 2 W 105/72, MDR 1973, 324) vertreten, dass dies zu einem Vergleichsmehrwert für alle Parteien des Rechtstreits führt, wenn die Erledigung der Gesamtschuldnerausgleichsansprüche Teil einer Gesamtbereinigung gewesen sei, an der alle Parteien ein Interesse hatten. Dies würde auch auf die vorliegende Konstellation zutreffen.
b. Nach der Gegenansicht seien Vergleichsregelungen, die Dritte mit einer der Parteien treffen, bei der Wertfestsetzung per se nicht zu berücksichtigen (vgl. LArbG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 30.9.2014 - 17 Ta (Kost) 6057/14, juris Rz. 11; OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.3.2009 - 3 W 10/09, NJW-RR 2009, 1079, juris Rz. 4; Kurpat in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 13. Aufl. 2011, Rz. 5524), da es bei der Ermittlung des Mehrwertes allein auf das Verhältnis der Prozessparteien ankomme (so LArbG Berlin-Brandenburg, a.a.O.) und weil ein hierdurch verursachter Mehrwert zu einer anteilig höheren Kostenbelastung des an diesem Rechtsverhältnis nicht beteiligten Gegners führen kann (so OLG Frankfurt, a.a.O.).
c. Während die vom OLG Koblenz und OLG Köln vertretene Ansicht zu einem Mehrwert für alle Beteiligten des Rechtsstreits führt mit der Begründung, die Gesamterledigung liege im Interesse aller Parteien, ist dem entgegen zu halten, dass allein das Interesse an einer Gesamterledigung nicht ausreichend sein kann für die Bestimmung des Streitwertes. Vielmehr ist auf die erledigten Ansprüche im jeweiligen Verhältnis abzustellen.
Das Argument des LAG Berlin-Brandenburg, dass ein Mehrwert begrifflich an den Rechtstreit und damit an das Verhältnis der Parteien geknüpft sei, haftet zu sehr am Wortlaut und wird dem Sinn, dass mit dem Mehrwert der zusätzliche Beratungsaufwand und auch die Haftung der Prozessbevollmächtigten honoriert werden soll, die sich für den Vergleich eingesetzt und damit zur Vermeidung eines weiteren Rechtstreits beigetragen haben, nicht gerecht.
Wenn wie vorliegend ein Mehrwert des Vergleichs lediglich für die beteiligten Gesamtschuldner festgesetzt wird, steht das vom OLG Frankfurt erwogene Argument der Kostengerechtigkeit der Festsetzung eines Mehrwertes nicht entgegen. Hier wird die Beklagte aufgrund des Mehrwerts des Vergleichs nur durch die dadurch ausgelöste zusätzliche 0,25-Gerichtsgebühr nach Nr. 1900 KV GKG anteilig belastet. Darin ist kein wesentliches Gerechtigkeitsdefizit zu sehen, das der Festsetzung eines Mehrwertes entgegen steht. Zudem steht die Kostenregelung des Vergleichs grundsätzlich zur Disposition der Parteien, so dass sie durch eigene Rechtsgestaltung vermeiden können, dass die am Gesamtschuldnerausgleich nicht beteiligte Partei mit erhöhten Kosten belastet wird.
2. Zwischen dem Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen die Klägerin und den im Vergleich miterledigten Ausgleichsansprüchen besteht auch keine wirtschaftliche Identit...