Leitsatz (amtlich)

Für eine nach § 29 I EnWG i.V.m. § 30 II Nr. 2 und Nr. 9 GasNEV oder StromNEV getroffene Festlegung von Preisindices zur Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 III GasNEV oder StromNEV und von Abschreibungsperioden gem. § 6 GasNEV oder StromNEV besteht keine Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörden nach § 54 II Nr. 1 oder Nr. 2 EnWG und auch keine Annex-Zuständigkeit. Die Zuständigkeit hierfür liegt allein bei der Bundesnetzagentur.

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Bescheid der Beschwerdegegnerin vom 12.11.2007 - 1-4455.3/60, in Bezug auf die Beschwerdeführerin aufgehoben.

2. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.A. Die Beschwerdeführerin, die ein Elektrizitätsverteilungsnetz betreibt, an das weniger als 100.000 Kunden i.S.v. § 54 Abs. 2 Satz 1 EnWG angeschlossen sind, wendet sich gegen eine gem. § 29 Abs. 1 EnWG i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 StromNEV ergangene Festlegung der Preisindizes für die Ermittlung von Tagesneuwerten nach § 6 Abs. 3 StromNEV sowie die Vorgabe, dass die kalkulatorischen Abschreibungen gem. § 6 StromNEV ausschließlich auf ganze Jahre bezogen zu ermitteln seien.

1. Die Beschwerdegegnerin erließ als Landesregulierungsbehörde am 12.11.2007 "Festlegungen für Stromnetzbetreiber" (Az.: 1-4455.3/60; Behördenakte - i. F.: BA - Bl. 60/23), wobei sie gestützt auf § 29 Abs. 1 Satz 1 EnWG i.V.m. § 30 Abs. 2 Nr. 2 EnWG folgendes verfügte:

a) Die zur Ermittlung der Tagesneuwerte nach § 6 Abs. 3 StromNEV in Anwendung zu bringenden anlagengruppenspezifischen Preisindizes werden wie aus Anlage 1 ersichtlich festgelegt. Diese Preisindizes finden bei allen Entgeltgenehmigungsverfahren nach § 23a EnWG oder anderen kostenorientierten Verfahren Anwendung, die das ganze Geschäftsjahr 2006 zur Grundlage haben.

b) Festgelegt wird weiter, dass die kalkulatorischen Abschreibungen gem. § 6 StromNEV auf ganze Jahre bezogen zu ermitteln sind.

c) Diese Entscheidungen sind gebührenpflichtig. Die Gebühr wird im Zusammenhang mit der Gebührenentscheidung für Genehmigungen nach § 23a EnWG erhoben.

Hinsichtlich des Weiteren Inhalts der Festlegungen nebst Anlagen wird auf BA Bl. 60/23 verwiesen (in Kopie auch von der Beschwerdeführerin vorgelegt als Anl. Bf 2, Bl. 4-26, die Anlagen 1 und 2 auf Bl. 274-297, sowie von der Beschwerdegegnerin als Anl. LRegB 1, Bl. 380-413). Die Festlegungen sind im Gemeinsamen Amtsblatt (GABl.) vom 28.11.2007 (S. 542-563) veröffentlicht und den Stromnetzbetreibern mit Netzbelegenheit in Baden-Württemberg und weniger als 100.000 Kunden zugestellt worden, darunter der Beschwerdeführerin.

Dem vorangegangen war im Frühjahr 2007 ein gemeinsames Konsultationsverfahren mit den anderen Landesregulierungsbehörden und der Beteiligten, der Bundesnetzagentur (BNA). Mit Rundschreiben vom 23.5.2007 hatte die Beschwerdegegnerin (BA 60/1) die Gas- und Stromnetzbetreiber in Baden-Württemberg mit weniger als 100.000 Kunden und Netzbelegenheit in Baden-Württemberg, darunter auch die Beschwerdeführerin, angeschrieben und Gelegenheit zur Stellungnahme zu der geplanten Festlegung von Preisindizes gebeten.

Ferner hatte die Beschwerdeführerin mit am 23.7.2007 bei der Beschwerdegegnerin eingegangenem Antrag vom 19.7.2008 die Genehmigung von Strom-Netzentgelten gem. § 23a EnWG für das Jahr 2008 beantragt, über den durch Bescheid vom 24.4.2008 (vorgelegt als Anl. LRegB 1b, Bl. 414-441) unter teilweiser Ablehnung des Antrags entschieden worden ist. Die Beschwerdeführerin hat hiergegen form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt, über die noch nicht entschieden ist (Az. des Senats: 202 EnWG 9/08).

II. Gegen den ihr am 4.12.2007 (BA 60/24) zugestellten Bescheid vom 12.11.2007 wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 20.12.2007 eingegangenen Beschwerde, mit welcher sie dessen Aufhebung erstrebt.

1. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Beschwerdegegnerin habe für die angefochtenen Festlegungen schon die Zuständigkeit gefehlt; diese liege ausschließlich bei der BNA. Inhaltlich seien die Festlegungen ebenfalls zu beanstanden: es seien die Ermächtigungsbezüge, nämlich die Fachserien 16 und 17, verlassen worden. Ferner ließen die festgelegten Preisindizes gebotene Differenzierungen vermissen. In sie hätten Annahmen zu Produktivitätssteigerungen Eingang gefunden, welche falsch und zudem in sich widersprüchlich seien, weshalb die so entwickelten Reihen auch mit für vergleichbar zu erachtenden Indizes unvereinbar seien.

Das Verbot unterjähriger Abschreibungen (Festlegung Ziff. 2), wonach Anschaffungen etwa gegen Ende eines Geschäftsjahres einer vollen Jahresabschreibung unterworfen würden, sei unzulässig, weil dadurch das Sachgerechtigkeitsgebot gem. § 30 Abs. 2 Nr. 2 StromNEV verletzt werde, zumal mit dieser Abweichung von gefestigten Abschreibungs...

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