Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten des Grundbuchverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Abtretung einer Gesamtgrundschuld von hohem Nennwert, die eine Vielzahl (möglicherweise geringwertigerer) Grundstücke in Haft nimmt, die sämtlich in den Grundbüchern unterschiedlicher Grundämter eingetragen sind, entsteht für die Eintragung der Veränderung des Gesamtrechs eine 0,5-Gebühr (Nr. 14130 GNotKG-KV), die sich um jeweils 0,1 erhöht ab dem zweiten für jedes weitere beteiligte Grundbuchamt.
2. Diese Ermäßigung statt des Ansatzes einer 0,5-Gebühr bei jedem einzelnen Grundbuchamt aus dem vollen Nennbetrag der Belastung (§ 53 As. 1 GNotKG) setzt voraus, dasss der Antrag für mehrere Grundbuchämter gleichzeitig bei einem Grundbuchamt gestellt wird oder dass bei gesonderter Antragstellung die Anträge innerhalb eines Monats bei den beteiligten Grundbuchämtern eingehen (Nr. 14141 GNotKG-KV analog).
3. Dabei wird die Gebühr gem. § 18 Abs. 3 GNotKG analog bei dem Gericht angesetzt, bei dessen Grundbuchamt der Antrag zuerst eingegangen ist.
Verfahrensgang
AG Böblingen (Beschluss vom 29.07.2014; Aktenzeichen 32 UR II 60/14) |
Notariat Herrenberg (Aktenzeichen 1 GRG 561/2014) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss des AG Böblingen vom 29.7.2014 - 32 UR II 60/14, aufgehoben.
2. Auf die Erinnerung der Beteiligten Ziff. 1 wird die Kostenrechnung des Notariats - Grundbuchamt - Herrenberg vom 4.6.2014 - 1 GRG 561/2014, Herrenberg GB 3402, Soll-Nr. 1/7498, aufgehoben.
3. Das Notariat - Grundbuchamt - Herrenberg wird angewiesen, den Kostenansatz unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats vorzunehmen.
4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beteiligte Z. 1 hat am 23.4.2014 (?) beim Grundbuchamt Langenau die Eintragung der Abtretung einer Gesamtbuchgrundschuld im Nennwert von 72.325.138 EUR beantragt. Insgesamt ist der Vollzug der Abtretung bei 29 verschiedenen Grundbuchämtern durchzuführen.
Das Notariat Herrenberg hat die Kosten für die Eintragung der Abtretung im Grundbuch Herrenberg Bl. 3402, Abt. III Nr. 3, mit der Kostenrechnung vom 4.6.2014 aus dem Wert von 60.000.000 EUR (§ 35 Abs. 2 GNotKG) unter Bezugnahme auf § 53 GNotKG (Veränderung einer Belastung) und auf Nr. 14130 GNotKG-KV (Tabelle B) i.H.v. 13.292,50 EUR in Ansatz gebracht.
Die Erinnerung der Beteiligten Z. 1 gegen den Kostenansatz wurde durch den Beschluss des AG Böblingen vom 29.7.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten Z. 1, der das AG Böblingen mit Beschluss vom 18.8.2014 nicht abgeholfen hat. Es hat die Akten dem LG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt, das diese an das OLG Stuttgart abgegeben hat.
Der Bezirksrevisor wurde bereits im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren angehört.
Im Streit zwischen den Beteiligten ist die Frage einer planwidrigen Regelungslücke bei der Abrechnung der Eintragung einer Veränderung von Belastungen nach Nr. 14130 GNotKG im Hinblick auf die bei der Eintragung und Löschung eines Gesamtrechts vorgesehenen Ermäßigungen nach Nrn. 14120, 14121 und 14122 sowie 14140 und 14141 GNotKG.
Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen der Beteiligten und auf die Begründung des angefochtenen Beschlusses des AG Böblingen.
II. Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist gem. § 81 Abs. 3 S. 2 GNotKG i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG das OLG Stuttgart.
Die Beschwerde ist gem. § 81 Abs. 2 GNotKG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie hat in der Sache Erfolg, da sich der Senat nicht der vom KG (ZfIR 2014, 203) und vom AG Böblingen vertretenen Rechtsauffassung anschließen kann, sondern vielmehr der des OLG Dresden in dem Beschl. v. 13.8.2014 - 17 W 748/14, sowie der von Wilsch (Anm. zur Entscheidung des KG, ZfIR 2014, 206) und der von Böhringer (BWNotZ 2014, 17 ff., 23/24).
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insbesondere auf die zutreffenden Ausführungen von Wilsch Bezug genommen, denen sich der Senat vollinhaltlich anschließt.
Der Gesetzgeber hat sowohl für die Eintragung von Belastungen (Nrn. 14120 und 14121 GNotKG) als auch für deren Löschung (Nr. 14140 GNotKG) Ermäßigungstatbestände eingeführt, wenn es um die Eintragung oder Löschung eines Gesamtrechts bei verschiedenen Grundbuchämtern geht (Nrn. 14122 und 14141 GNotKG).
Eine entsprechende Regelung wurde aber offensichtlich bei der Eintragung der Änderung einer Belastung (Nr. 14130 GNotKG) vergessen, da sich eine Andersbehandlung im Vergleich zur Eintragung oder Löschung durch nichts rechtfertigen lässt und auch nicht durch die Gesetzesmaterialien begründet wird (Bundestag-Drucksache 17/11471 [neu], S. 157, 207-209).
Es muss danach von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden, die bis zu einem Tätigwerden des Gesetzgebers durch eine Analogie zu Nr. 14140 und 14141 GNotKG zu schließen ist, nachdem die Gebühren für die Eintragung 1,3 (Nr. 14120 GNotKG) bzw. 1,0 (Nr. 14121 GNotKG) betragen, für die Löschung wie auch für die Veränderung jeweils nur 0,5 ...