Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Wertermittlung für die Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) sind Zinsen nur dann als Nebenforderungen i.S.v. § 43 Abs. 1 GKG einzustufen, wenn sie sich aus dem anhängigen Teil des - mit der Klage negierten - Hauptanspruchs errechnen. Dagegen stellen Zinsen, die einen bereits unstreitig beglichenen und daher nicht anhängig gewordenen Teil des Hauptanspruchs betreffen, eine Hauptforderung dar und sind daher bei der Berechnung des (Gebühren-) Streitwerts zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 04.08.2006; Aktenzeichen 9 O 255/06) |
Tenor
Auf die befristete Streitwertbeschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Streitwertbeschluss des LG Stuttgart vom 4.8.2006 in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 25.9.2006 - 9 O 255/06 - wie folgt abgeändert:
Der Gebührenstreitwert wird auf insgesamt 30.949,72 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger hat gegen die Beklagten Vollstreckungsabwehrklage wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem rechtskräftigen Versäumnisurteil des LG Stuttgart vom 27.9.1983 (9 O 118/83) erhoben; darin war er zur Zahlung von 39.292,58 DM (20.089,98 EUR) zzgl. 11 % Zinsen hieraus seit 30.12.1982 verurteilt worden. Er trug unwidersprochen vor, dass den Beklagten aus dem eben genannten Titel keine Forderungen (auch hinsichtlich der Kosten) mehr zustünden. Hintergrund der Vollstreckungsgegenklage war die mit Schreiben vom 11.4.2005 übersandte Forderungsaufstellung der Beklagten, mit der offene Forderungen i.H.v. insgesamt 42.591,94 EUR behauptet wurden (Anlage K 11, Bl. 24 d.A.). Die Beklagten schlüsselten diese wie folgt auf:
Hauptforderung 5.364,54 EUR
Kosten 75,60 EUR
Zinsen bis 11.4.2005 37.151,80 EUR
Gesamtbetrag 42.591,94 EUR
Am 25.7.2006 erging antragsgemäß ein Versäumnisurteil, in dem unter Ziff. 1 festgestellt wurde, dass den Beklagten aus dem Versäumnisurteil vom 27.9.1983 nebst daraus entstandenen Zwangsvollstreckungskosten keine Forderungen gegen den Kläger zustehen, insb. keine Forderung i.H.v. 42.591,94 EUR (Bl. 38 f. d.A.). Hiergegen legten die Beklagten keinen Einspruch ein, so dass das Versäumnisurteil mittlerweile rechtskräftig geworden ist.
Mit Beschluss vom 14.8.2006 setzte das LG den Gebührenstreitwert auf 5.000 EUR fest (Bl. 42 d.A.).
Mit seiner befristeten Streitwertbeschwerde vom 28.8.2006 erstrebt der Klägervertreter eine Festsetzung des Streitwertes auf insgesamt 30.949,72 EUR (Bl. 43 ff. d.A.). Zur Begründung führt er an, dass neben der Hauptforderung i.H.v. 5.364,54 EUR jedenfalls Zinsforderungen in Höhe eines Betrages von 25.585,18 EUR zu berücksichtigen seien, da es sich insoweit um Zinsen aus dem unstreitig vor Erhebung der Vollstreckungsabwehrklage bezahlten Teil der Hauptforderung handele.
Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25.9.2006 dahingehend teilweise abgeholfen, als der Streitwert auf einen Betrag von 5.364,54 EUR festgesetzt wurde. Der weitergehenden Beschwerde wurde allerdings nicht abgeholfen (Bl. 47 ff. d.A.).
II.1. Die befristete Streitwertbeschwerde des Klägervertreters vom 28.8.2006 (Bl. 43 ff. d.A.), welcher das LG mit Vorlagebeschluss vom 25.9.2006 größtenteils nicht abgeholfen hat (Bl. 47 ff. d.A.), ist statthaft (§§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG) und zulässig, denn sie wurde innerhalb der 6-Monatsfrist der §§ 68 Abs. 1 Satz 3, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG am 28.8.2006 beim LG Stuttgart eingelegt (Bl. 43 d.A.).
2. Die Streitwertbeschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Gebührenstreitwert beläuft sich auf einen Betrag von insgesamt 30.949,72 EUR (§§ 43 Abs. 1 GKG, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO). Er setzt sich aus Teilbeträgen von 5.364,54 EUR und 25.585,18 EUR zusammen.
a) Zunächst ist bei der Streitwertbemessung in Übereinstimmung mit dem LG ein Hauptforderungsbetrag von 5.364,54 EUR zu berücksichtigen.
Nach ganz h.M. bemisst sich der Wert einer Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO nach dem Umfang der erstrebten Ausschließung der Zwangsvollstreckung (BGH v. 20.9.1995 - XII ZR 220/94, MDR 1995, 1259 = NJW 1995, 3318; BGH v. 25.1.2006 - 2 StR 345/05, NJW 2006, 1146 [1146 f.]; v. 23.9.1987 - III ZR 96/87, NJW-RR 1988, 444; OLG Hamm JurBüro 1990, 650; OLG Düsseldorf JurBüro 1999, 326; OLG Koblenz v. 18.2.2000 - 13 WF 64/00, FamRZ 2001, 845; Thomas/Putzo/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 767 Rz. 32; Zöller/Herget, ZPO, 25. Aufl., § 3 Rz. 16 Stichwort "Vollstreckungsabwehrklage"; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., Anh. § 3 Rz. 133). Maßgeblich für die Wertberechnung ist somit der Nennwert des zu vollstreckenden Anspruchs, soweit die Vollstreckung aus ihm verhindert werden soll (Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 3 ZPO Rz. 35 Stichwort "Vollstreckungsgegenklage"). Soweit in einem Vollstreckungsverfahren unstreitig ist, dass die Zwangsvollstreckung nur wegen eines Bruchteils des im Titel festgelegten Zahlungsanspruchs für unzulässig erklärt werden soll, so ist nur dieser Teilbetrag der Streitwertfestsetzung zugrunde zu legen (OLG Frankfurt JurBüro 1954, 375; Schneider, Stre...