Leitsatz (amtlich)
1. Galt zum Bewertungsstichtag bereits das steuerrechtliche Halbeinkünfteverfahren, ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Risikozuschlag im Rahmen der Anwendung der Empfehlungen des IDW S1 Stand 18.10.2005 anhand des Tax-CAPM bemessen wird.
2. Wird der Risikozuschlag nach dem CAPM ermittelt, ist es methodisch nicht zwingend, den Betafaktor des Bewertungsobjekts auf der Grundlage historischer Kurse der Aktie des Bewertungsobjekts zu schätzen; es ist nicht anzunehmen, dass die faktische Beherrschung eines Unternehmens durch einen Mehrheitsaktionär notwendig einen geringen Betafaktor zur Folge hat.
3. Lassen sich keine Unternehmen ermitteln, die mit dem Bewertungsobjekt dergestalt vergleichbar sind, dass ihr operatives Risiko demjenigen des Bewertungsobjekts entspricht, lässt sich aber feststellen, dass das Bewertungsobjekt gegenüber einer Gruppe von im Übrigen vergleichbaren Unternehmen außergewöhnliche zusätzliche Risiken aufweist, ist es nicht zu beanstanden, wenn der Betafaktor zugunsten der Minderheitsaktionäre aus dem historisch ermittelten Betafaktor der Vergleichsunternehmen abgeleitet wird.
Normenkette
AktG §§ 304-305; SpruchG
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 06.03.2008; Aktenzeichen 31 O 32/07 KfH AktG) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerden der Antragsgegnerin und der Antragsteller Ziff. 3) bis 6), 12), 13), 44), 55), 63) und 64) wird der Beschluss des LG Stuttgart vom 6.3.2008 - 31 O 32/07 KfH AktG, in den Ziff. 1), 2), 5), 6) und 7) abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
a) Die Anträge auf Bestimmung einer angemessen Barabfindung, eines angemessenen Ausgleichs und angemessenen Erwerbspreises werden zurückgewiesen.
b) Dies gilt für die Anträge der Antragsteller Ziff. 3), 4) und 44), soweit sie das Delisting betreffen, sowie für die Anträge der Antragsteller Ziff. 5), 6), 12), 13), 55), 63) und 64) insgesamt mit der Maßgabe, dass sie nicht als unzulässig, sondern als unbegründet zurückgewiesen werden.
2. Im Übrigen werden die sofortigen Beschwerden der Antragsteller Ziff. 3), 4), 12), 13), 16), 24) bis 28), 34), 35), 40), 42), 44), 47) bis 49), 55), 62), 63) bis 64), 71) und 74) gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 6.3.2008 - 31 O 32/07 KfH AktG, zurückgewiesen.
3. Die Anschlussbeschwerden der Antragsteller Ziff. 5), 12), 13), 41), 43), 45), 46), 52), bis 54), 57) bis 59), 61), 72) und 73) gegen den Beschluss des LG Stuttgart vom 6.3.2008 - 31 O 32/07 KfH AktG, werden zurückgewiesen.
4. Die Antragsgegnerin trägt die Gerichtskosten beider Rechtszüge; eine Erstattung der in beiden Rechtszügen entstandenen außgerichtlichen Kosten findet nicht statt.
5. Der Geschäftswert wird für beide Instanzen auf jeweils 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Gegenstand dieses Spruchverfahrens ist die Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs und einer angemessenen Abfindung bzw. eines angemessenen Erwerbspreises für die außenstehenden Aktionäre der K AG (K).
I.1. Das Grundkapital der K beträgt 13.050.752 EUR. Es ist eingeteilt in 5.019.520 auf den Inhaber lautende Stückaktien. Die Aktien der K waren am Amtlichen Markt an der Wertpapierbörse in F. (General Standard) zugelassen und wurden im Freiverkehr der Börsen in B.-B., D., H. und S. gehandelt (vgl. gemeinsamer Bericht [im Folgenden "GB", vorgeheftet in Hauptakte VIII], S. 10).
Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung und Produktion im Bereich Fahrzeugtechnik, insbesondere die Herstellung und der Vertrieb von Fahrzeugen und Zusatzgeräten für Umweltpflege, Natur und Freizeit unter der Marke K und anderen Marken. Die Geschäftstätigkeit des Unternehmens gliedert sich in die Bereiche "P" (kettengetriebene Geländefahrzeuge zur Präparierung von Skipisten und Loipen) und "B T" (Strandreinigungsfahrzeuge). Der Umsatzanteil des Geschäftsbereichs P beträgt mehr als 90 %, der Umsatzanteil des Geschäftsbereichs B T dagegen nur rund 2 %. In beiden Produktbereichen ist die K Weltmarktführer (vgl. Gemeinsamer Bericht des Vorstands der K und der Geschäftsführung der M GmbH gem. § 293a AktG vom 3.1.2007 [im Folgenden "GB"], S. 11 und 44). Im Bereich der Pistenfahrzeuge beträgt ihr Marktanteil über 60 % (GB S. 46). Die K hält u.a. 100 % der Anteile an der R GmbH mit Sitz in L.. Die im Geschäftsjahr 2004/2005 erworbene Tochtergesellschaft R GmbH dient ausschließlich der Vermögensverwaltung durch Anlage von Wertpapieren (GB S. 45).
2. Die M GmbH (M) erwarb am 21.7.2006 1.884.479 Aktien der K, entsprechend etwa einem Anteil von 37,54 % des Grundkapitals. Damit erlangte sie die Kontrolle i.S.v. § 29 Abs. 2 WpÜG über die K. Am 10.8.2006 bot sie deshalb allen Aktionären der K an, ihre Aktien zum Preis von 23,76 EUR je Stückaktie zu erwerben. Durch die Annahme dieses Angebots erhöhte sich die Anzahl der von der M gehaltenen Aktien der K auf 4.472.341 Stückaktien, entsprechend etwa 89,1 % des Grundkapitals der K (GB S. 9). Die übrigen 547.179 Aktien der K befinden sich in Streubesitz.
Durch Verschmelzungsvertrag vom 21.6.2007 wurde die M auf die A...