Leitsatz (amtlich)
Bei steckengebliebenen Stufenanträgen richtet sich der Gegenstandswert mindestens nach der Höhe der außergerichtlich geltend gemachten Forderung. Für nicht verbundfähige Verfahren, die von einem Beteiligten im Verbund geltend gemacht und bis zur Beendigung des Verfahrens nicht abgetrennt werden, ist im Verbund ein Gegenstandswert festzusetzen.
Normenkette
FamGKG §§ 38, 44
Verfahrensgang
AG Böblingen (Entscheidung vom 27.06.2011; Aktenzeichen 15 F 1221/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegnervertreters wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Böblingen vom 27.06.2011 in der Form des Teilabhilfebeschlusses vom 14.10.2011 - jeweils 15 F 1221/07
abgeändert
und die Gegenstandswerte wie folgt festgesetzt:
Verbundverfahren
Scheidung |
6.300.- € |
Versorgungsausgleich |
1.890.- € |
Zugewinnausgleich |
238.050,13 € |
Kindesunterhalt |
5.448.- € |
Trennungsunterhalt |
8.584,92 € |
Mehrwert des Vergleichs |
8.584,92 € |
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Antragstellerin hat im Scheidungsverbundverfahren mit Schriftsatz vom 26.11.2007 eine Stufenklage Zugewinnausgleich sowie eine Stufenklage auf Zahlung von Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt ab dem 01.11.2007 anhängig gemacht. Ferner beantragte sie Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die gestellten Anträge. Das Familiengericht stellte die Antragsschrift am 29.11.2007 zu und bewilligte durch Beschluss vom 25.02.2008 Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug einschließlich Folgesachen.
Mit außergerichtlichem Schreiben vom 22.05.2009 bezifferte die Antragstellerin ihren monatlichen Unterhaltsanspruch auf 715,41 €, mit ebenfalls außergerichtlichem Schriftsatz vom 12.02.2010 errechnete sie ihren Anspruch auf Zugewinnausgleich in Höhe von 238.050,13 € und forderte darüber hinaus die Rückzahlung einer unbenannten Zuwendung in Höhe von 58.051,49 €. Im Termin zur mündlichen Verhandlung im Verbundverfahren protokollierte das Familienrecht eine Scheidungsfolgenvereinbarung, worin sich der Antragsgegner zur Bezahlung von Kindesunterhalt in Höhe von 454.- € monatlich verpflichtete. Weiterhin verzichteten die Eheleute auf etwaige aufgelaufene Ansprüche auf rückständigen Trennungsunterhalt sowie auf künftigen nachehelichen Unterhalt. Letztlich verpflichtete sich der Antragsgegner, zur Abgeltung der Zugewinnausgleichsansprüche der Antragstellerin 120.000.- € zu bezahlen, wodurch alle gegenseitigen vermögensrechtlichen Ansprüche untereinander beglichen sein sollten. Die Ehegatten verzichteten wechselseitig auf etwaige weitergehende Zugewinnausgleichsansprüche sowie sonstige vermögensrechtliche Ansprüche und nahmen den Verzicht gegenseitig an. Sie erklärten sämtliche wechselseitigen Ansprüche, gleich aus welchem Rechtsgrund, für abgefunden und erledigt.
Das Familiengericht setzte die Gegenstandswerte für Ehesache und Versorgungsausgleich unbeanstandet in Höhe von 6.300.- € bzw. 1.890.- € fest. Weiterhin setzte es für den Zugewinnausgleich einen Gegenstandswert in Höhe von 120.000.- € und für den nachehelichen Unterhalt einen solchen von 8.584,92 € fest. Den Mehrwert des Vergleichs bemaß es hinsichtlich des Kindesunterhalts auf 5.448.- €.
Mit der Beschwerde macht der Antragsgegnervertreter geltend, dass der Gegenstandswert im Zugewinnausgleich mit 238.050,13 € und im Kindesunterhalt mit 5.448.- € festzusetzen sei. Außerdem erstrebt er die Festsetzung eines Vergleichsmehrwertes hinsichtlich des Ehegattentrennungsunterhalts in Höhe von 8.584,92 € und hinsichtlich eines Anspruchs auf Rückzahlung einer ehebedingten Zuwendung in Höhe von 58.051,49 €.
Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragstellervertreters hat in der Sache teilweise Erfolg.
Der Gegenstandswert des Zugewinnausgleichsverfahren beträgt 238.050,13 €.
Gemäß § 38 FamGKG ist in Fällen eines Stufenklageanspruches für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höchste, maßgebend. Dies ist regelmäßig der in der Zahlungsstufe geltend gemachte Leistungsantrag. Kommt es zu dessen Bezifferung im gerichtlichen Verfahren nicht mehr (sogenannte steckengebliebene Stufenklage), ist der Wert nach der ursprünglichen Leistungserwartung zu bemessen (OLG Stuttgart FamRZ 2008, 533; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 71; Handbuch des Fachanwalts Familienrecht/Keske, 8. Aufl., 2011, Kap. 17, Rn. 56). Abzustellen ist folglich auf den zunächst vorgestellten Zahlungsanspruch, auch wenn ihn die Antragstellerin letztendlich nicht mehr weiterverfolgt hat, selbst wenn dies darauf beruhen mag, dass es sich um eine übersetzt geäußerte Begehrensvorstellung gehandelt hat (OLG Celle JurBüro 2011, 483). In einem solchen Fall ist der Wert gemäß § 3 ZPO nach objektiven Anhaltspunkten zu schätzen. Dabei ist anhand des in das Verfahren eingeführten Tatsachenvortrags der antragstellenden Partei danach zu fragen, welche Vorstellungen sie sich vom Wert des Leistungsanspruchs gemacht hat (BGH, FamRZ 1993, 1189). Einen sichere...