Verfahrensgang

LG Tübingen (Aktenzeichen 7 O 53/02)

 

Tenor

Die Rüge des Beklagten gegen das Urteil des Senats vom 23.12.2002 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Rügeverfahrens trägt der Beklagte.

 

Gründe

I. Der Senat hat mit Urteil vom 23.12.2002 die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG Tübingen vom 5.7.2002 zurückgewiesen. Zu den Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf das Urteil des Senats Bezug genommen.

Mit Schriftsatz vom 10.1.2003 rügt der Beklagte unter Berufung auf eine entspr. Anwendung des § 321a ZPO n.F., die Verletzung von Verfahrensgrundrechten durch den Senat und beantragt, den Rechtsstreit im Berufungsrechtszug fortzuführen, das angefochtene Urteil des LG Tübingen abzuändern und die Klage abzuweisen.

Hilfsweise beantragt der Beklagte, die Revision gegen eine (erneut) bestätigende Berufungsentscheidung zuzulassen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass auch gegen Urteile der zweiten Instanz eine Rüge gem. § 321a ZPO n.F. zulässig sei, da hierdurch der gesetzgeberische Zweck, das BVerfG zu entlasten, erreicht werde. Die Rüge sei auch begründet, weil der Senat durch die Vorverlegung des Verkündungstermins den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 GG verletzt habe, da dem Beklagte die Möglichkeit genommen worden sei, weiter zur Rechtslage vorzutragen, so dass der Senat zumindest die Revision gegen das Urteil zugelassen hätte. Auch sei ihm die Alternative einer Berufungsrücknahme verwehrt worden. Zu den weiteren Ausführungen des Beklagten wird auf dessen Schriftsatz vom 10.1.2003 verwiesen.

II. Die Rüge ist unzulässig, da dieser Rechtsbehelf gegen Berufungsurteile nicht statthaft ist.

Nach § 321a Abs. 1 ZPO ist auf die Rüge der durch das Urteil beschwerten Partei der Prozess vor dem Gericht des ersten Rechtszuges fortzuführen, wenn eine Berufung nach § 511 Abs. 2 ZPO nicht zulässig ist und das Gericht des ersten Rechtszuges den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

Dem Wortlaut des Gesetzes nach ist eine Rüge nur gegen Urteile der ersten Instanz zulässig, wenn gegen diese eine Berufung unzulässig ist, weil die Voraussetzungen des § 511 Abs. 2 ZPO, also das Übersteigen des Streitwerts von 600 Euro oder die Zulassung der Berufung durch das Gericht der ersten Instanz, nicht vorliegen. Das verfahrensgegenständliche Urteil ist jedoch ein Berufungsurteil. Eine von Teilen der Lehre (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 321a Rz. 18) und Rechtssprechung (OLG Celle v. 4.12.2002 – 13 U 77/02, OLGReport Celle 2003, 71) befürwortete entspr. Anwendung des § 321a ZPO über den Wortlaut der Norm hinaus auch auf Berufungsentscheidungen, soweit ein weiteres Rechtsmittel gegen diese nicht zulässig ist, kommt nicht in Betracht, weil insoweit keine bewusste oder unbewusste Regelungslücke besteht, was sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm ableitet. Im Gesetzgebungsverfahren hatte der Bundesrat die Möglichkeit der Selbstkorrektur auch auf andere unanfechtbare Entscheidungen der Gerichte, insb. auf Urteile der zweiten Instanz oder Beschlüsse nach § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO n.F. ausdehnen wollen (BT-Drucks. 14/4722, S. 148; Hannich, Meyer/Seitz, Engers, ZPO Reform 2001, S. 276), was jedoch von der Bundesregierung (BT-Drucks. 14/4722, S. 156; Hannich, Meyer/Seitz, Engers, ZPO Reform 2001, S. 277) im Interesse der Rechtssicherheit und eines effektiven Ressourceneinsatzes ausdrücklich abgelehnt wurde. Damit handelt es sich bei der Regelung des § 321a ZPO n.F. um eine Ausnahmevorschrift, deren Anwendungsbereich über den Wortlaut hinaus nicht erweitert werden kann (vgl. OLG Oldenburg v. 14.10.2002 – 11 UF 208/01, OLGReport Oldenburg 2002, 302 = NJW 2003, 149; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 321a Rz. 3, 4, Musielak in MünchKomm/ZPO, § 321a Rz. 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO analog.

Die Zulassung einer Rechtsbeschwerde gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gegen diesen Beschluss kommt gem. § 321a Abs. 4 S. 4 ZPO nicht in Betracht (vgl. Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 574 Rz. 9).

Dr. Keihl Böhm Columbus

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109998

JurBüro 2003, 487

OLGR-KS 2003, 364

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