Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 11.05.2021; Aktenzeichen 51 O 59/21) |
Tenor
1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Klägers vom 17. August 2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 51. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2021 (Az.: 51 O 59/21) wird verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000,- EUR.
Gründe
A I. Mit Schriftsatz vom 17. August 2021 hat der Kläger seine form- und fristgerecht eingelegte Berufung gegen das Urteil der 51. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Stuttgart vom 11. Mai 2021 begründet und zugleich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die mit dem Montag, dem 26. Juli 2021, abgelaufene Berufungsbegründungsfrist beantragt.
II. Er trägt zu seinem Wiedereinsetzungsantrag vor:
Die kanzleiintern zuständige, sorgfältig ausgebildete, langfristig überwachte und stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte M... P... sei seit dem 1. September 2010 als Rechtsanwaltsfachangestellte in der Kanzlei des Unterzeichners beschäftigt, unterbrochen durch eine einjährige Elternzeit, die am 2. März 2018 geendet habe. Sie führe den elektronischen und handschriftlichen Fristenkalender des sachbearbeitenden Rechtsanwalts. Sie habe bislang stets fehlerfrei gearbeitet. Die regelmäßigen, stichprobenartigen Überwachungsmaßnahmen und Kontrollen, hätten nie Anlass zu Beanstandungen gegeben.
Bei der Fristüberwachung der richtig eingetragenen Berufungsbegründungsfrist seien ihr vorliegend Fehler unterlaufen, welche zur Fristversäumung geführt hätten.
Die Büroorganisation sei anlässlich der Einführung der regelmäßigen Nutzung des beA in der Kanzlei des Unterzeichners in einer neuen schriftlichen Arbeitsanweisung gefasst worden, welche zuletzt am 26. Mai 2020 in Ansehung eines Beschlusses des BGH vom 17. März 2020, Az. VI ZB 99/19, überarbeitet worden sei. Sie regele einen zweifach gestuften Schutz gegen Fristversäumungen, zunächst regele sie die notwendigen Verrichtungen für die Einhaltung von Fristen durch Ausbringen von Schriftsätzen, zum Zweiten davon unabhängig eine eigenständige und abschließende Kontrolle am Abend des Fristablaufs, ob noch Schriftsätze zu unterzeichnen und auszubringen seien und ob alle Fristen im Fristenkalender richtig ausgetragen seien (BK 1).
Der Tag des Fristablaufs (Montag, der 26. Juli 2021) sei der erste Urlaubstag des sachbearbeitenden Rechtsanwalts gewesen. Er werde in solchen Fällen, so auch am 26. Juli 2021, von einem bestimmten Kanzleimitglied vertreten. Noch vor Urlaubsantritt habe der sachbearbeitende Rechtsanwalt "verfügt, dass sein Vertreter fristgerecht einen Fristverlängerungsantrag stellt, was er Frau P... mitteilte".
Die Rechtsanwaltsfachangestellte M... P... habe am 26. Juli 2021 nicht geprüft, ob der Fristverlängerungsantrag geschrieben, eingescannt und versandt worden sei. Auch am Ende ihres Arbeitstages habe sie nicht gesondert geprüft, ob der Fristverlängerungsantrag ausgebracht und die Frist im Fristenkalender richtig ausgetragen worden sei.
Entsprechend der Weisung des Sachbearbeiters hätte sie spätestens vor Verlassen der Kanzlei den anwaltlichen Vertreter anzusprechen und ihn über den Fristablauf zu informieren gehabt. Dann wäre der Fristverlängerungsantrag rechtzeitig gestellt und die Frist letztlich gewahrt worden.
B Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, aber unbegründet.
I. Versäumt die Partei, wie vorliegend der Kläger mit der Berufungsbegründungsfrist, eine Notfrist, so kann sie nach Maßgabe der §§ 233 ff. ZPO auf einen entsprechenden Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erlangen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nur gewährt werden, wenn die Partei ohne Verschulden ihrer selbst oder ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die maßgebende Frist einzuhalten, nicht hingegen, wenn die Möglichkeit offengeblieben ist, dass die Einhaltung der Frist schuldhaft versäumt worden ist (vgl. BGH, NJW 2006, 1520, Rn. 4, m.w.N.).
Zur Ausräumung eines der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Verschuldens muss die Partei die maßgebenden Tatsachen durch eine geschlossene und aus sich heraus verständliche Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht und auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist, darlegen und glaubhaft machen (§ 236 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom 03. Juli 2008 - IX ZB 169/07, NJW 2008, 3501, Rn. 15; vom 23. Januar 2013 - XII ZB 559/12, NJW-RR 2013, 572, Rn. 5; vom 23. September 2015 - IV ZB 14/15, juris Rn. 10). Die Partei hat somit einen Verfahrensablauf vorzutragen, der ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Frist zweifelsfrei ausschließt (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2020 - VIII ZA 15/20, juris Rn. 14; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 17. Dezember 2015 - V ZB 161/14, NJW 2016, 718, Rn. 8; und vom 21. Mai 2019 - II ZB 4/18,...