Leitsatz (amtlich)
1) Die fiktive Ausgleichsforderung gegen den verstorbenen ausgleichspflichtigen Ehegatten, die den Teilhabeanspruch nach § 25 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG begrenzt, ist ohne Abzug anteiliger Sozialversicherungsabgaben oder vergleichbarer Abgaben und damit als Bruttobetrag zu bemessen. § 20 Abs. 2 Satz 1 findet hier keine Anwendung.
2) Haben sich die Ehegatten vergleichsweise auf eine schuldrechtliche Netto-Ausgleichsrente geeinigt, die unter dem gesetzlichen Ausgleichswert des Anrechts liegt, begrenzt der vereinbarte Betrag nach § 25 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG den Teilhabeanspruch nach Versterben des Ausgleichspflichtigen. Der Nettobetrag ist allerdings auf seinen Brutto-Wert hochzurechnen.
Normenkette
VersAusglG § 20 Abs. 2 S. 1, § 25 Abs. 1, 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Böblingen (Beschluss vom 07.05.2015; Aktenzeichen 14 F 1161/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beteiligten V. B. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Böblingen vom 7.5.2015 (Az. 14 F 1161/14) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die I. GmbH wird verpflichtet, zum Ausgleich der betrieblichen Versorgung des M. B. (Vers.-Nr. 00 ...) an die Antragstellerin ab Juni 2014 eine monatlich im Voraus fällige Ausgleichsrente in Höhe von 303,21 Euro brutto bzw. ab Januar 2015 in Höhe von 303,95 Euro brutto als Teilhabeanspruch an der Hinterbliebenenversorgung zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten V. B. zurückgewiesen.
3. In beiden Rechtszügen haben die Beteiligten die Gerichtskosten zu gleichen Teilen zu tragen. Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
5. Der Verfahrenswert wird für beide Instanzen auf 2.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin macht gegen die I. GmbH (nachfolgend: I. GmbH) Teilhabeansprüche an einer Hinterbliebenenversorgung geltend.
Am 2X. 0X. 1971 heiratete die Antragstellerin (geb. am 2X. 1X. 19XX) Herrn M. B. (geb. am 0X. 0X. 19XX). Durch rechtskräftiges Urteil des AG - Familiengericht - Pankow/Weißensee (Az. 11 F 12/01) vom 22.08.2001 wurde die Ehe geschieden, eine Entscheidung über den Versorgungsausgleich blieb vorbehalten. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Pankow/Weißensee vom 01.07.2002 wurde dann der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich zugunsten der Antragstellerin durchgeführt, indem ihr bei einer Ehezeit vom 01.03.1971 bis 31.12.2000 (§ 1587 Abs. 2 BGB a.F.) 106,80 Euro durch Rentensplitting (§ 1587a Abs. 1 BGB a.F.) und weitere 45,81 Euro durch erweitertes Splitting (§ 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG a.F.) übertragen wurden, jeweils bezogen auf den 31.12.2000 als dem gesetzlichen Ehezeitende. Im Übrigen behielt das AG - Familiengericht - den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor. Gegenstand des erweiterten Splittings und des Vorbehalts schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche war ein betriebliches Anrecht des damaligen Antragsgegners M. B. bei der I. GmbH, dessen stichtagsbezogener Ehezeitanteil 3.087,-- DM betrug (dynamisiert nach der Barwert-Verordung 1.033,32 DM = 528,32 Euro).
Seit dem 01.01.1993 erhielt M. B. eine vorgezogene Altersrente der I. GmbH. Ab Dezember 2008 bezog auch die Antragstellerin eine Altersrente. Darauf begehrte sie im Juni 2009 die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs beim AG - Familiengericht - Pankow/Weißensee. Im anschließenden Beschwerdeverfahren schlossen die Beteiligten auf Vorschlag des Kammergerichts (Az. 13 UF 51/10) folgende Vereinbarung im schriftlichen Verfahren (Feststellungsbeschluss nach § 278 Abs. 6 ZPO vom 24.11.2010):
Der Antragsgegner tritt beginnend ab dem 1.1.2011 die fälligen monatlichen Betriebsrentenansprüche gegenüber der I. GmbH, Personalnummer 003XXXXX, in Höhe von 250 EUR an die Antragstellerin ab. Die Antragstellerin nimmt die Abtretung an.
Bei dem Betrag von 250 EUR handelt es sich um einen statisch gleich bleibenden Betrag. Er wird von der Nettorente abgezogen,
... (Regelung betreffend Rückständen).
Vorausgegangen waren Auseinandersetzungen der Beteiligten über Gegenrechte der Antragstellerin und mögliche Härten bei der Durchführung des Ausgleichs. Den Ehezeitanteil des betrieblichen Anrechts bei der I. GmbH hatte das Kammergericht mit 1.151,66 Euro bemessen.
Der ausgleichspflichtige M. B., der am 22.08.2008 die Beteiligte V. B. geheiratet hatte, verstarb am 21.04.2014. Im Juni 2014 beantragte die Antragstellerin als geschiedene Ehefrau des Verstorbenen beim AG - Familiengericht - Böblingen die Festsetzung eines Teilhabeanspruchs an der nach §§ 26 ff. der maßgeblichen Versorgungsordnung ("Versorgungswerk der I. GmbH gültig ab 01.07.1969") bestehenden Hinterbliebenenversorgung der I. GmbH. Nach der Auskunft des Versorgungsträgers vom 15.10.2014 betrug der Ehezeitanteil des Anrechts bei Versterben des Bezugsberechtigten (2.180,92 Euro: 399 Monate × 262 Monate =) 1.431,99 Euro.
Durch Beschluss vom 07.05.2015 regelte das AG - Familiengericht - den Teilhabeanspruch wie folgt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab Juni 201...