Leitsatz (amtlich)
Bei einem länger als drei Monate dauernden Zusammenleben zum Zwecke der Versöhnung erlischt der titulierte Anspruch auf Trennungsunterhalt.
Normenkette
BGB §§ 1361, 1567 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Göppingen (Beschluss vom 01.02.2019; Aktenzeichen 12 F 234/18) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Göppingen wie folgt abgeändert:
Die Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin aus § 3 der notariellen Urkunde des Notars J., H., vom 01.04.2004 (Urkunden-Nr. ...) wird hinsichtlich des titulierten Trennungsunterhalts insgesamt für unzulässig erklärt.
2. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Antragsgegnerin.
Beschwerdewert: EUR 10.098
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
Die Beteiligten, deren am 24.6.1989 geschlossene Ehe mit rechtskräftigen Beschluss des Amtsgerichts Ibbenbüren am 6.11.2008 geschieden worden ist, ließen am 1.4.2004 eine notarielle Urkunde in H. errichten. Unter § 3 Abs. 3 der Urkunde wurde die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von EUR 198 und in Absatz 4 die Unterwerfung einer sofortigen Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen des Antragstellers geregelt. Die Beteiligten hatten in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Ibbenbüren angegeben, seit dem 27.9.2003 getrennt zu leben; anlässlich der Errichtung der notariellen Urkunde wurde ein Passus aufgenommen, wonach sich die Beteiligten "trennen werden". In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Göppingen am 27.11.2008 haben die Beteiligten übereinstimmend angegeben, im Zeitraum Mai 2005 bis August 2005 wieder zusammengelebt zu haben (Bl. 108 d.A.). Seit Anfang 2018 betreibt die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung aufgrund vollstreckbarer Teilausfertigung der notariellen Urkunde hinsichtlich des Trennungsunterhalts aus den Jahren 2004 bis 2008 nebst Zinsen und Kosten in Höhe 16.246,34 bis einschließlich 15.1.2018 nebst weiteren Zinsen.
Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, die Zwangsvollstreckung bezüglich der Hauptforderung sei aufgrund Verwirkung unzulässig. Lediglich hinsichtlich der Zinsen hat der Antragsteller überdies den Verjährungseinwand geltend gemacht. Die Antragsgegnerin ist dem Verwirkungseinwand entgegengetreten.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Amtsgericht die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Zinsen für unzulässig aufgrund eingetretener Verjährung erklärt und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Angesichts der seit September 2003 bestehenden Trennungsdauer von 19 Monaten bringe ein kurzfristiges Zusammenleben über einen Zeitraum von vier Monaten den titulierten Trennungsunterhalt nicht zum Erlöschen. Auch sei Verwirkung nicht eingetreten. Das bloße Unterlassen der Durchsetzung von titulierten Ansprüchen begründe keinen besonderen Vertrauenstatbestand für den Antragsteller, weshalb das erforderliche Umstandsmoment fehle.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Der titulierte Trennungsunterhalt sei aufgrund des Zusammenlebens erloschen gewesen. Tatsächlich hätten sich die Beteiligten erst im Juni 2004 getrennt und bereits seit Anfang 2005 sei eine langsame Wiederannäherung erfolgt. Nachdem die Antragsgegnerin über mehr als neun Jahre lang keinen Vollstreckungsversuch unternommen habe, läge jedenfalls auch das erforderliche Umstandsmoment einer Verwirkung vor.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Eine Trennung erst im Juni 2004 habe es ebenso wenig wie eine langsame Wiederannäherung gegeben. Ein kurzer Versöhnungsversuch im Zeitraum Mai 2004 bis August 2004 könne den Anspruch auf Trennungsunterhalt nicht berühren. Hinsichtlich des Umstandsmoments lägen keine besonderen Umstände vor, die ein entsprechendes Vertrauen des Antragstellers rechtfertigen könnten.
Mit Beschluss vom 18.7.2019 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, gemäß § 68 Absatz 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist auch in der Sache begründet und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung.
Ob die Voraussetzungen einer Verwirkung vorliegen, kann dahingestellt bleiben. Denn der Antragsgegnerin steht bereits kein Titel mehr zur Verfügung, aus dem sie erfolgreich eine Vollstreckung betreiben könnte. Der Anspruch auf Trennungsunterhalt aus der am 1.4.2004 errichteten notariellen Urkunde ist aufgrund des viermonatigen Zusammenlebens der Beteiligten erloschen.
Bei einem Zusammenleben zum Zwecke der Versöhnung erlischt der titulierte Anspruch auf Trennungsunterhalt aufgrund fehlender Identität zwischen Trennungs- und Familienunterhalt (OLG Hamm, NJW-RR 2011, 1015), sofern die Eheleute jedenfalls mehr als drei Monate wieder zusammengelebt haben (zur Obergrenze von drei Monaten u.a. MüKoBGB/...