Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nebenerwerbspflicht bei Maßnahmen des Arbeitsamtes zur Einstiegsqualifizierung
Leitsatz (redaktionell)
Maßnahmen des Arbeitsamtes zur Einstiegsqualifizierung stellen eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausbildung dar. Bei einem Umfang von 40 Stunden wöchentlich ist daher kein Raum für die Aufnahme einer Nebentätigkeit.
Normenkette
BGB §§ 1602, 1611 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Heilbronn (Beschluss vom 04.10.2006; Aktenzeichen 5 F 1936/06) |
Tatbestand
Es geht um Unterhalt. Die Klägerin wurde volljährig; sie konnte keine Berufsausbildungsstelle finden. Die Beklagtenseite sowie das FamG gingen davon aus, dass die Klägerin gehalten ist, eine Arbeitsstelle anzutreten, um sich selbst zu unterhalten. Gegen den Beschluss des FamG wurde Beschwerde eingelegt. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Klägerin eine vom Arbeitsamt finanzierte Einstiegsqualifizierung durchläuft, die sowohl im Ausbildungsgesetz Erwähnung findet, als auch geeignet ist, eine Lehrstelle in der Zukunft zu finden. Die Einstiegsqualifizierung wurde vollschichtig ausgeübt: Ein Berufsausbildungsverhältnis wurde seinerzeit nicht begründet. Die gewährte Vergütung des Arbeitsamtes/des Arbeitgebers belief sich auf nur knapp 192 EUR.
Mit Beschluss v. 3.11.2006 wurde die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.
Auf die Gegenvorstellung hin wurde der Beschluss des OLG v. 3.11.2006 abgeändert.
Entscheidungsgründe
Aufgrund der nunmehr mit der Gegenvorstellung vorgelegten Unterlagen kann festgestellt werden, dass die Qualifizierungsmaßnahme der Klägerin als Ausbildung anzusehen ist. Ausweislich des Qualifizierungsvertrages sollen der Klägerin Fähigkeiten vermittelt werden, die sie in die Lage versetzen, eine Ausbildung anzuschließen; auch besteht die Möglichkeit, dass das Praktikum zeitlich auf die anschließende Ausbildung angerechnet wird. Nachdem der Beklagte selbst in seinem Schreiben v. 26.10.2006 an das FamG zu erkennen gibt, dass nach seiner Auffassung der Klägerin diese grundlegenden Fähigkeiten, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, also Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Pflichtbewusstsein, fehlen, handelt es sich bei der Qualifizierungsmaßnahme auch nicht um eine unnötige Warteschleife, sondern um eine unabdingbare Voraussetzung für die Ausbildung.
Der Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe ihren ersten Ausbildungsplatz grob fahrlässig verloren. Damals war diese noch minderjährig; die Verwirkung eines weiteren Unterhalts somit von Gesetzes wegen ausgeschlossen, § 1611 II BGB.
Aufgrund der nunmehr vorgelegten Unterlagen, aus denen sich eine wöchentliche Ausbildungszeit der Klägerin von 40 Stunden ergibt, kann die Klägerin auch nicht, wie im Beschluss des Senats v. 3.11.2006 erfolgt, auf eine Nebentätigkeit verwiesen werden.
Die Klägerin hat ausgehend von dem unstreitig gestellten Einkommen des Beklagten von 2.767 EUR aus selbständiger Tätigkeit einen Bedarf von 503 EUR. monatlich (Einkommensgruppe 8, 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.2005).
Diesen Bedarf von 503 EUR
deckt die Klägerin mit dem Kindergeld 154 EUR
und ihrem um die Ausbildungspauschale bereinigten Einkommen von 192 EUR ./. 90 EUR = 102 EUR
selbst, sodass ein ungedeckter Bedarf von 247 EUR
verbleibt.
Soweit die Klägerin nach wie vor einen Unterhalt i.H.v. monatlich 316 EUR anstrebt, ist ihre Gegenvorstellung zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 1848749 |
FamRZ 2007, 1763 |
OLGR-Süd 2008, 101 |