Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit konkurrierender Mitgliederversammlungen
Leitsatz (amtlich)
1. Das Einberufungsrecht des Vorstands eines Vereins zu Mitgliederversammlungen bleibt unberührt davon, dass das Gericht Mitglieder des Vereins gem. § 37 Abs. 2 BGB zur Einberufung einer Mitgliederversammlung ermächtigt.
2. Die Versendung von Einladungen des Vorstands zu einer Mitgliederversammlung in Kenntnis der Tatsache, dass bereits gem. § 37 Abs. 2 BGB ermächtigte Mitglieder zu einer Mitgliederversammlung mit gleicher Tagesordnung eingeladen haben, macht die Einladung des Vorstands nicht unwirksam.
3. Laden Vorstand und gem. § 37 Abs. 2 BGB ermächtigte Mitglieder eines Vereins zu Mitgliederversammlungen mit gleicher Tagesordnung ein und gehen die Einladungen den Mitgliedern zeitgleich zu, so sind die Einladungen beider Versender wegen Verwirrung der Mitglieder des Vereins unwirksam.
Normenkette
BGB § 37
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 2 T 47/03) |
AG Leonberg (Aktenzeichen VR 705 – GR 760/02) |
Gründe
I. Die beiden Antragsteller haben als Mitglieder des 1967 erstmals ins Vereinsregister eingetragenen Antragsgegners, eines religiösen Vereins mit knapp 500 Mitgliedern, die Eintragung eines am 20.7.2002 bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gewählten Vorstands beantragt. Ihr Antrag ist vom Registergericht abgelehnt und ihre Beschwerde vom LG zurückgewiesen worden. Hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.
1. Hintergrund des Verfahrens ist ein heftiger interner Richtungsstreit, der schon 2001 zu konkurrierenden außerordentlichen Mitgliederversammlungen und jeweils zur Wahl personell unterschiedlich zusammengesetzter Vorstände geführt hatte.
In der Folgezeit haben die Antragsteller zusammen mit über 100 weiteren Vereinsmitgliedern unter dem Namen „Arbeitskreis zum Erhalt der X-gemeinschaft in Deutschland” (im Folgenden: „Arbeitskreis”) den eingetragenen Vorstand zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung gem. Satzung aufgefordert; wesentliche Aufgabe der außerordentlichen Mitgliederversammlung sollte die Wahl eines neuen Vorstands sein. Nachdem der eingetragene Vorstand dem nicht entsprach, sind die Mitglieder des Arbeitskreises auf ihren Antrag vom Registergericht mit Beschluss vom 6.6.2002 gem. § 37 BGB zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung ermächtigt worden mit folgender Tagesordnung:
1. Feststellung der Vereinssituation
2. Aussprache
3. Abberufung bzw. Neuwahl des Vorstands
4. Verschiedenes.
Daraufhin hat der Arbeitskreis mit Schreiben vom 15.6.2002 zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung auf den 20.7.2002 nach F. eingeladen. Der eingetragene Vorstand des Antragsgegners hat indes mit Schreiben vom 17.6.2002 eine Einladung zur außerordentlichen Mitgliederversammlung am 27.7.2002 in H. versandt. Beide Versammlungen wurden durchgeführt; die jeweiligen Vorstandswahlen führten erneut zu unterschiedlichen Ergebnissen. Der vom Registergericht abgelehnte Antrag der Antragsteller auf Eintragung des am 20.7.2002 in F. gewählten Vorstandes ist Gegenstand dieses Verfahrens.
2. Das LG hat die Zurückweisung der Beschwerde gegen den den Eintragungsantrag ablehnenden Beschluss des AG im Wesentlichen damit begründet, dass die Vorstandswahl in F. – wie auch die Vorstandswahl in H. eine Woche später – ungültig sei, weil die Einladungen zu diesen Versammlungen wegen Verwirrung der Mitglieder unwirksam seien.
3. Mit ihrer weiteren Beschwerde verfolgen die Antragsteller weiterhin das Ziel der Eintragung des in F. gewählten Vorstands. Sie begründen ihre Rechtsbeschwerde im Wesentlichen damit, dass das LG § 37 BGB und § 121 Abs. 1 BGB rechtsfehlerhaft angewandt und den Amtsermittlungsgrundsatz des § 12 FGG verletzt habe.
II. Die weitere Beschwerde der Antragsteller ist gem. §§ 29, 27 FGG als Rechtsbeschwerde zulässig. Die Form des § 29 Abs. 1 S. 2 FGG ist gewahrt. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung des LG keine Rechtsfehler aufweist.
1. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Juni 2002 sowohl der Arbeitskreis mit den in ihm organisierten Mitgliedern des Antragsgegners als auch der eingetragene Vorstand des Antragsgegners selbst zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung befugt waren.
a) Die Befugnis des Arbeitskreises beruht auf der Ermächtigung des AG – Registergerichts – gem. § 37 Abs. 2 BGB mit Beschluss vom 6.6.2002. Die Befugnis des Vorstands ergibt sich aus § 10 Ziff. 2 der Satzung des Antragsgegners. Der Vorstand des Antragsgegners handelte durch seinen Vorsitzenden und den Stellvertreter, womit der Vertretungsregelung des § 12 Nr. 5 der Satzung Genüge getan war. Letzteres ist auch nicht im Streit.
b) Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist die Befugnis des Vorstands des Antragsgegners zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung nicht durch den Ermächtigungsbeschluss des Registergerichts vom 6.6.2003 auf die Mitglieder des Arbeitskreises übergeleitet worden. Vielmehr...