Entscheidungsstichwort (Thema)
Fotokopiekosten. Rückabwicklung eines Kreditverhältnisses. Kostenfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
§ 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO gibt in aller Regel keine Rechtsgrundlage dafür ab, Fotokopiekosten für Anlagen zu Schriftsätzen, die nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO (idF des KostenrechtsänderungsG 1994) vom Auftraggeber nicht zu vergüten sind, für erstattungsfähig zu erklären (Bestätigung des Senatsbeschlusses vom 5.7.1999 – 8 W 572/98 – Die Justiz 1999, 396 = OLG-Rep 1999, 363).
Normenkette
BRAGO § 27 Abs. 1 Nrn. 2-3; ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Hechingen (Aktenzeichen 2 O 50/99) |
Gründe
1. Die Rechtspflegerin hat im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss die von der kostenerstattungsberechtigten Beklagten geltend gemachten Kosten für 335 Fotokopien in Höhe von 135,50 DM unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss vom 5.7.1999 (Die Justiz 1999, 396 = OLGRep 1999, 363) für nicht erstattungsfähig erachtet, weil die Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO nicht erfüllt sind. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Beschwerde, in der sie insbesondere darauf abhebt, dass sich die Erstattungsfähigkeit der Kopien von zahlreichen Urteilen aus anderen, gleichartigen Prozessen über § 27 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ergebe.
2. Die zulässige Kostenbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rechtspflegerin hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Kopiekosten für nicht erstattungsfähig erachtet.
a) Die in Bezug genommene Senatsentscheidung bezieht sich nicht nur – wie der Beschwerdeführervertreter meint – auf Abschriften / Fotokopien von seinen Schriftsätzen, denn diese gehören regelmäßig zum allgemeinen Geschäftsaufwand und sind durch die allgemeine Prozessgebühr abgegolten (deutlich zB Enders, JurBüro 1999, 281, 282 r. Sp.). Gegenstand des Senatsbeschlusses vom 5.7.1999 (aaO) sind primär die Kopien vonAnlagen zu Schriftsätzen, auf die sich auch die mit dieser Entscheidung ausdrücklich aufgegebene frühere Senatsrechtsprechung (JurBüro 1988, 867 = Die Justiz 1988, 157; JurBüro 1983, 577) bezogen hat.
aa) Der Senat ist nunmehr der Ansicht, dass aus der seit 1.7.1994 geltenden Regelung des § 27 Abs. 2 Nr. 2 BRAGO zu entnehmen ist, dass der im „Normalprozess” (= bis zu 3 Gegnern) anfallende Aufwand zur Information der übrigen Prozessbeteiligten (also des Gerichts und der Gegenseite) durch die Prozessgebühr (und die Aufwandspauschale nach § 26 BRAGO) vergütet wird. Durch den Wegfall der Vergütungspflicht durch den Auftraggeber entfällt automatisch eine Erstattungspflicht durch den Gegner und damit die Prüfung (und der ggf nachfolgende Streit), ob die Vorlage dieser Schriftsatzanlagen „notwendig” (iSv § 91 ZPO) war. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Ablichtungen von Urkunden handelt, die sich wenig oder gar nicht eignen, schriftsätzlich verarbeitet zu werden (vgl. insoweit BVerfG NJW 1996, 382).
Die gegenteilige Auffassung (aus neuerer Zeit zB OLG Karlsruhe JurBüro 1998, 596 = AnwBl 1998, 541; OLG Koblenz JurBüro 1999, 300; Enders, JurBüro 1999, 281 ff mwNw) hält der Senat nicht (mehr) für überzeugend. Bestandteil einer ordnungsgemäßen Prozessführung und Obliegenheit jeder Partei ist es, dem Gericht (als Anlagen zu den Schriftsätzen nach § 131 ZPO) die Unterlagen vorzulegen, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (oder ihrer Meinung nach bedeutsam sein können); eine „zusätzliche Leistung” vermag der Senat darin nicht zusehen.
Auch wenn mit der Einfügung der Ziff. 2 in den § 27 Abs. 1 BRAGO durch das KostÄndG 1994 vom Gesetzgeber eine Erweiterung der bisherigen Vergütungsvorschriften beabsichtigt war (vgl. Enders aaO (S. 284) unter Hinweis auf die amtl. Begründung), hat der objektive Wortlaut des Gesetzes eine Einschränkung der bis dahin bestehenden Vergütungspflicht für den „Normalprozess” gebracht. Der Senat sieht keinen tragfähigen Grund, dieser – auf der Linie der technischen Entwicklung liegenden – Einschränkung dadurch zu begegnen, dass unter Hinweis auf die bisher überwiegend angenommene Erstattungsfähigkeit von Kopien für Schriftsatzanlagen § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO dahin ausgelegt wird, er gelte nur für Anlagen, deren Einarbeitung in die Schriftsätze geboten oder möglich sei.
bb) Die Tatsache, dass die Beklagte neben mehreren veröffentlichten Gerichtsentscheidungen umfangreiche unveröffentlichte Urteile und Beschlüsse aus der Sammlung ihrer Rechtsabteilung zur Bekräftigung ihrer Rechtsauffassung als Kopie vorgelegt hat, rechtfertigt eine abweichende Beurteilung nicht. Abgesehen davon, das gerade insoweit über die „Notwendigkeit” dieser Kopien trefflich gestritten werden kann, können solche Kopien nicht anders bewertet werden als etwa Kopien aus dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum, die zur Stützung der eigenen Rechtsansicht vorgelegt werden; letztere gehören ebenso zum allgemeinen Geschäftsaufwand wie zB. Datenbankrecherchen (vgl. Senatsbeschluss vom 12.3.1998, Die Justiz 1998, 423 = OLGRep 1998, 264 = JurBüro 1998, 424 = NJW-RR 1999, 437).
cc) Eine Erstattungsfähigkeit dieser Fotokopien kann auch...