Leitsatz (amtlich)

1. Der Verbraucher ist nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht nach § 650l BGB belehrt, wenn dem Verbraucherbauvertrag zwar eine Musterbelehrung nach Art. 249 § 3 Abs. 2 EGBGB i.V.m. Anlage 10 beigefügt ist, aber an hervorgehobener Stelle in den Vertragsunterlagen der unzutreffende Eindruck erweckt wird, das Widerrufsrecht müsse durch Verwendung eines bestimmten Formulars ausgeübt werden (Anschluss BGH, Beschluss vom 30. Juli 2015 - IV ZR 63/13 -, juris Rn. 14; Urteil vom 16. Dezember 2015 - IV ZR 71/14 -, juris Rn. 11)

2. Schließen die Parteien eines Verbraucherbauvertrags, der Planungsleistungen enthält, einen zusätzlichen Vertrag über im Bauvertrag enthaltene Planungsleistungen für den Fall der Ausübung eines vereinbarten Rechts zum Rücktritt vom Bauvertrag, begründet dies ein Widerrufsrecht nach § 356 Abs. 1 BGB, wenn der Planungsvertrag außerhalb von Geschäftsräumen i.S.v. § 312b Abs. 1 BGB geschlossen wird.

3. Der Zurückweisung einer Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet steht es nicht entgegen, dass das Berufungsgericht das angefochtene Urteil zwar im Ergebnis für zutreffend hält, seine Entscheidung aber auf eine andere materielle oder prozessuale Begründung stützt.

 

Normenkette

BGB § 312 Abs. 2, § 312b Abs. 1, § 356 Abs. 1, 3, § 357a Abs. 2, §§ 650i, 650l; ZPO § 522 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 14.02.2023; Aktenzeichen 3 O 152/22)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.2.2023, Az. 3 O 152/22, wird durch einstimmigen Beschluss als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird für beide Instanzen auf 16.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger schloss im Juli 2021 mit der Beklagten einen "Verbraucherbauvertrag" (Anlage K2 / B2) und einen Planungsvertrag (Anlage K5 / B1).

Der Planungsvertrag enthielt den Zusatz "aufgrund Rückstrittsrecht-Verbrauchervertrag".

Im Dezember 2021 schlossen die Parteien einen weiteren "Verbraucherbauvertrag" (Anlage K3), der bis auf eine Ergänzung um Hinblick auf die vom Kläger erstrebte KfW-Förderung inhaltsgleich mit dem Vertrag vom Juli 2021 war.

Mit Anwaltsschreiben vom 19.5.2022 (Anlage K1) erklärte der Kläger den Widerruf hinsichtlich sämtlicher Vertragserklärungen und begehrt nun die Rückzahlung des aufgrund des Planungsvertrags bezahlten Honorars von 8.000 EUR. Die Beklagte hat die nach dem Planungsvertrag geschuldeten Leistungen erfüllt.

Das Landgericht kam zum Ergebnis, dass der Kläger seine Vertragserklärungen wirksam widerrufen habe. Ihm stehe ein Anspruch auf Rückzahlung des bezahlten Honorars zu, während die Beklagte keinen Wertersatzanspruch habe.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten.

Der Senat hat durch Beschluss vom 19.4.2023 gem. § 522 Abs. 2 ZPO darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 14.2.2023, Az. 3 O 152/22, hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil dadurch weitere Kosten entstünden, ohne dass weitere entscheidungserhebliche Erkenntnisse zu erwarten wären (§ 522 Abs. 2 ZPO).

Der Senat bezieht sich auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 19.4.2023. Die Ausführungen im Schriftsatz vom 3.5.2023 führen zu keiner anderen Beurteilung.

1. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Zurückweisung einer Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht entgegen, dass das Berufungsgericht das angefochtene Urteil zwar im Ergebnis für zutreffend hält, seine Entscheidung aber auf eine andere materielle oder prozessuale Begründung stützt. Denn der Wortlaut der Vorschrift setzt (lediglich) voraus, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg; dies ist auch dann der Fall, wenn sich das Berufungsgericht auf eine andere rechtliche Begründung stützt, zumal bei bloß rechtlichen Erwägungen von einer mündlichen Verhandlung kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten ist (Heßler in: Zöller, ZPO, 34. A. 2022, § 522 ZPO Rn. 36; OLG Rostock, Beschluss vom 7. April 2003 - 6 U 14/03 -, juris Rn. 13; Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 10. Mai 2005 - 14 U 154/04 -, NJW 2006, 71). Aus der im Schriftsatz vom 3.5.2023 zitierten Gesetzesbegründung ergibt sich nicht, dass im Falle einer Auswechslung der Begründung durch das Berufungsgericht ein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht möglich sein soll, dort wird lediglich ausgeführt, dass in solchen Fällen ein anerkennenswertes Bedürfnis für eine mündliche Verhandlung bestehen "kann" (BT-Drs. 17/5334, S. 7/8), was jedoch i...

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