Entscheidungsstichwort (Thema)
Ehescheidung. Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug
Verfahrensgang
AG Heilbronn (Beschluss vom 14.12.1998; Aktenzeichen 4 F 2347/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts Heilbronn – Familiengericht – vom 14. Dezember 1998 (4 F 2347/98)
Der Antragstellerin wird Prozeßkostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt. Ihr wird Rechtsanwalt … als Prozeßbevollmächtigter beigeordnet. Die Antragstellerin hat auf die Prozeßkosten keine Monatsraten zu bezahlen.
Gründe
Die Parteien sind italienische Staatsbürger. Sie haben am 7.8.1982 auf dem Standesamt … die Ehe mit einander geschlossen. Durch Urteil des AG Heilbronn – Familiengericht vom 19.6.1986 wurde die gerichtliche Trennung der Eheleute ausgesprochen. Dieses Urteil ist rechtskräftig. Bereits im Jahr 1996 begehrte die Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für das Scheidungsverfahren. Diese wurde ihr jedoch durch das Familiengericht versagt. Mit Senatsbeschluß vom 08. Oktober 1996 (17 WF 330/96) wurde die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung der Prozeßkostenhilfe zurückgewiesen, weil unter den gegebenen Umständen die deutschen Gerichte für das Scheidungsverfahren der Parteien nicht zuständig seien, da ein Scheidungsurteil in Italien offensichtlich nicht anerkannt würde (§ 606 a Abs. 1 Nr. 4 ZPO) und außerdem die Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung des Scheidungsantrags nicht gegeben waren. Den neuerlichen PKH-Antrag der Antragstellerin für das Scheidungsverfahren vom 11.12.1998 hat das Familiengericht unter Hinweis auf diesen Senatsbeschluß zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde.
Die nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Versagung von Prozeßkostenhilfe für das Ehescheidungsverfahren hat in der Sache Erfolg. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin kann nicht länger als nicht erfolgversprechend im Sinne von § 114 ZPO angesehen werden. Sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht haben sich Veränderung gegenüber der dem Beschluß des Senats vom 08. Oktober 1996 (17 WF 330/96) zugrunde liegenden Sachlage ergeben.
Das angerufene Amtsgericht Heilbronn ist nunmehr gemäß § 606 a Abs. 1 Ziffer 4 ZPO international zuständig für das Ehescheidungsverfahren der Parteien. Ein in diesem Verfahren ergehendes Scheidungsurteil würde in Italien voraussichtlich anerkannt, weil das italienische internationale Privatrecht insoweit reformiert wurde durch das Gesetz Nr. 218/95 vom 31. Mai 1995. Dieses Gesetz über die Reform des italienischen Systems des internationalen Privatrechts (IPR-G) ist in Deutschland erst seit dem Jahre 1996 greifbar und wurde im Senatsbeschluß vom 08. Oktober 1996 noch nicht berücksichtigt.
Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich daraus, daß die Antragstellerin ihren Wohnsitz und ständigen Aufenthalt in Deutschland im Bezirk des Amtsgerichts Heilbronn hat. Aus der Tatsache, daß dies beim Antragsgegner nicht der Fall ist, kann die fehlende internationale Zuständigkeit der hiesigen Gerichte im Sinne von § 606 a Abs. 1 Nr. 4 ZPO im Hinblick auf die Neugestaltung des italienischen internationalen Privatrechts durch das Reformgesetz vom 31.5.1995 (IPR-G) nicht mehr hergeleitet werden. Erforderlich wäre, daß die Anerkennungsprognose im Hinblick auf diesen Umstand offensichtlich negativ ausfällt. Offensichtlich ist dabei gleichbedeutend mit evident, also ohne intensive Nachforschungen feststellbar (Johannsen/Henrich, § 606 a, Rn 31). Wie dem Senat aus einem anderen, ähnlich gelagerten Fall, vor dessen Entscheidung ein Sachverständigengutachten zur Rechtslage in Italien eingeholt wurde, bekannt ist, wird auch in der italienischen Fachliteratur die Auffassung vertreten, daß die örtliche Zuständigkeit des Gerichts am Wohnort des Klägers nach Art. 4 Abs. 1 des italienischen Scheidungsgesetzes (Gesetz Nr. 898 vom 1.12.1970 zur Regelung der Fälle der Eheauflösung in der Fassung des Gesetzes vom 6.3.1987 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 S. 2 des italienischen IPR-G) auch die internationale Zuständigkeit dieses Gerichts bewirkt. Für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit des ausländischen Gerichts – hier des Amtsgerichts Heilbronn – gilt das sogenannte Spiegelbildprinzip. Somit ist die Anerkennungsprognose nicht negativ, wenn eine der Zuständigkeitsanknüpfungen nach italienischem Recht auch für das urteilende Gericht erfüllt ist (ebenso OLG Frankfurt, FamRZ 1998, 917 = IPRax 1998, 373 mit zustimmender Anmerkung Jayme). Die autonomen Bestimmungen des Anerkennungsstaates ermöglichen danach eine Anerkennungsprognose; sie werden deshalb auch nicht durch das deutsch – italienische Anerkennungs- u. Vollstreckungsabkommen vom 09. März 1936 (RGBl. 1937 II 145, BGBl. 1952 II 986) verdrängt.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der öffentlichen Zustellung von Scheidungsantrag und Ladung zum Termin (§ 203 ZPO) sind nunmehr ebenfalls gegeben....