Entscheidungsstichwort (Thema)

Örtliche Zuständigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Wiederverwahrung eines gemeinschaftlichen, nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten eröffneten Testaments ist das Amtsgericht zuständig, das ursprünglich für die Verwahrung zuständig war, nicht das davon örtlich verschiedene Nachlaßgericht.

 

Normenkette

BGB § 2273

 

Gründe

In der besonderen amtlichen Verwahrung des Notariats Gerlingen befanden sich zwei notarielle gemeinschaftliche Testamente der Eheleute T. Sie wurden auf den Tod des Ehemanns, der zuletzt in Sinzig wohnte, vom Notariat Gerlingen eröffnet und dem Amtsgericht Sinzig übersandt mit der Bitte, die gemeinschaftlichen Testamente in die dortige besondere amtliche Verwahrung zu nehmen, falls sie wieder zu verwahren sind.

Das Amtsgericht Sinzig vertritt die Ansicht, daß die Testamente beim bisherigen Verwahrungsgericht wieder zu verwahren seien und lehnt es ab, die Testamente in die weitere besondere amtliche Verwahrung zu übernehmen. Daher legte das Notariat Gerlingen die Sache dem Oberlandesgericht Stuttgart zur Bestimmung des für die besondere amtliche Verwahrung der Testamente örtlich zuständigen Gerichts vor.

Die Vorlage ist gemäß § 5 FGG zulässig.

Bei dem Streit zwischen dem Notariat Gerlingen und dem Amtsgericht Sinzig, welches von ihnen die weitere Verwahrung der Testamente vorzunehmen hat, handelt es sich um einen Streit über die örtliche Zuständigkeit. Zu entscheiden hat hierüber das Oberlandesgericht Stuttgart, zu dessen Bezirk das Notariat Gerlingen, das zuerst mit der besonderen amtlichen Verwahrung befaßt war, gehört.

In der Sache war das Notariat Gerlingen II, dessen Zuständigkeit sich für die bisherige besondere amtliche Verwahrung aus § 2258 a BGB § 1 Abs. 2 baden-württembergisches Landesgesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit (LFGG) und für die Eröffnung aus Art. 6 § 9 Gesetz zur Neuregelung des IPR vom 25.7.1986 (BGBl I, 1142) ergab, als das für die weitere besondere amtliche Verwahrung örtlich zuständige Gericht zu bestimmen.

Wenn sich wie hier ein gemeinschaftliches Testament (oder ein Erbvertrag, § 2300 BGB) bis zum ersten Erbfall in der besonderen amtlichen Verwahrung eines anderen Gerichts als dem späteren Nachlaßgericht (dessen örtliche Zuständigkeit gemäß § 73 FGG bestimmt wird) befindet, ist in der Rechtsprechung streitig, welches der beiden Gerichte die Verwahrung vorzunehmen hat. Die eine Meinung geht davon aus, daß auch bei gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen nach § 2261 Satz 2 BGB zu verfahren, also die Urschrift des Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls dem für den Erstverstorbenen zuständigen Nachlaßgericht zu übersenden sei, das dann seinerseits die besondere amtliche Verwahrung durchzuführen habe (z. B. BayObLZ 74, 9; Celle Rechtspfleger 77, 24; Hamm OLGZ 72, 73; 87, 283). Demgegenüber ist nach der Gegenmeinung für die weitere besondere amtliche Verwahrung die Zuständigkeit des bisherigen Verwahrungsgerichts gegeben (z. B. KG Rechtspfleger 72, 405; 79, 24; Bl, 304; OLG Köln Rechtspfleger 75, 249; OLG Schleswig SchlHA 78, 101; OLG Oldenburg NJW-RR 87, 265). Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

Welches Amtsgericht für die besondere amtliche Verwahrung örtlich zuständig ist, ergibt sich beim gemeinschaftlichen Testament auch für die weitere amtliche Verwahrung nach dem Tode des erstverstorbenen Ehegatten aus §§ 2258 a, 2273 Abs. 2 Satz 2 BGB. Gemäß § 2258 a Abs. 1 BGB sind für die besondere amtliche Verwahrung der Testamente die Amtsgerichte zuständig, im vorliegenden Fall das Notariat Gerlingen II (§ 1 Abs. 2 LFGG) für das erste notarielle Testament auf Grund des Verlangens der Eheleute gemäß § 2258 a Abs. 3 BGB und für das zweite Testament auf Grund des Amtssitzes des Notars, vor dem das Testament errichtet wurde, gemäß § 2258 a Abs. 2 Nr. 1 BGB. Die Formulierung des § 2273 Absatz 2, Satz 2 BGB, wonach das gemeinschaftliche Testament nach der Eröffnung beim Tode des erstverstorbenen Ehegatten wieder zu verschließen und in die besondere amtliche Verwahrung „zurückzubringen” ist, gibt einen Hinweis, daß es wieder in die besondere amtliche Verwahrung desjenigen Amtsgericht „zurückzubringen” ist, in der es sich bisher befand. Wenn abweichend hiervon dasjenige Amtsgericht, das das für den erstverstorbenen Ehegatten zuständige Nachlaßgericht ist, nach dem Willen des Gesetzgebers für die weitere besondere amtliche Verwahrung des Testaments hätte zuständig sein sollen, hätte es nahegelegen, daß ein solcher Zuständigkeitswechsel im § 2258 a BGB, der die örtliche Zuständigkeit regelt, erwähnt worden wäre.

Zu Unrecht entnimmt die Gegenmeinung die örtliche Zuständigkeit des Nachlaßgerichts für die weitere besondere amtliche Verwahrung aus § 2261 BGB, wonach dann, wenn ein anderes Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in amtlicher Verwahrung hat, dieses die Eröffnung vorzunehmen und das Testament nebst einer Abschrift des Eröffnungsprotokolls dem Nachlaßgericht zu übersenden und eine...

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