Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Hausgeld. Bestimmung des zuständigen Gerichts
Leitsatz (amtlich)
Das Verhältnis unter Wohnungseigentümern begründet am Ort der Wohnanlage für Ansprüche aus dem Gemeinschaftsverhältnis einen gemeinsamen Leistungsort iSv § 29 ZPO und damit einen gemeinschaftlichen besonderen Gerichtsstand auch dann, wenn die Wohnungsseigentümer aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschieden sind. Der Bestimmung eines gemeinschaftlichen Gerichtsstands nach § 36 ZPO bedarf es nicht.
Normenkette
ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 3; WEG § 16
Verfahrensgang
AG Augsburg (Entscheidung vom 22.09.1999; Aktenzeichen 3 UR II 213/99 WEG) |
Tenor
Die Sache wird dem Amtsgericht Augsburg – Zivilabteilung –
zurückgegeben.
Gründe
Nach vorangegangenem Mahnverfahren verfolgte der Antragsteller (WEG-Verwalter) gegen die Antragsgegner als Gesamtschuldner Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Hausgeld vor dem örtlich zuständigen Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Da jedoch beide Antragsgegner vor Rechtshängigkeit des Verfahrens aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden waren, erklärte sich das Amtsgericht – Abteilung für freiwillige Gerichtsbarkeit – durch rechtskräftigen Beschluss für sachlich unzuständig und verwies das Verfahren an das allgemeine Zivilgericht Zugleich legte es die Akten dem Senat als dem nach § 36 Abs. 2 ZPO zuständigen Gericht vor mit der Bitte, gem. § 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO das zuständige Gericht zu bestimmen, da die beiden Antragsgegner im Bezirk zweier verschiedener Landgerichte im Bezirk des Oberlandesgerichts Stuttgart ihren allgemeinen Gerichtsstand – Wohnsitz – hätten.
Eine Zuständigkeitsbestimmung durch das Oberlandesgericht hatte nicht zu erfolgen, da eingemeinsamer besonderer Gerichtsstand (§ 36 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO, nämlich der des Leistungsortes, begründet ist (§ 29 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 269 BGB).
Ein gemeinsamer Leistungsort eines von wechselseitigen Rechten und Pflichten gekennzeichneten Rechtsverhältnisses, wie es das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander darstellt (§§ 13 ff. WEG), besteht dann, wenn eine der Leistungen so vertragscharakteristisch ist, dass sie das gesamte Rechtsverhältnis prägt (h. M., vgl. statt vieler Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., Rn. 12 zu § 269), besonders, wenn der vertragscharakteristischen Leistung eine starke Ortsbezogenheit zukommt. So wurde ein gemeinsamer Leistungsort angenommen am Ort der Arbeitsstätte für den Arbeitsvertrag, allgemein am Dienstort für das Dienstverhältnis, am Ort des Krankenhauses für den Krankenhausvertrag sowie am Ort des Bauwerks für den Werk-(Bau-)Vertrag und der Ort der belegenden Sache für den Miet- und Pachtvertrag (Palandt/Heinrichs, a.a.O., Rn. 13 zu § 269, je m. w. N.).
Dementsprechend liegt der Leistungsort für das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander am Ort des Grundstücks, an dem die Eigentumsanlage steht: Hier ist sowohl die Hauptverpflichtung der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem einzelnen Wohnungseigentümer zu erfüllen, nämlich ungestörte Gebrauchsgestattung hinsichtlich des Sondereigentums und Gestattung des Mitgebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 13 WEG), als auch diejenige des Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft: Instandhaltung des Sondereigentums und gemeinschaftsverträgliche Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 14 Ziff. 1 WEG). Duldung der für die Gemeinschaft notwendigen Einwirkung auf Sonder- und gemeinschaftliches Eigentum (§ 14 Ziff. 3+4 WEG).
Aber auch die vom Miteigentümer der Gemeinschaft geschuldeten Beiträge zu den Lasten und Kosten (§ 16 Abs. 2 WEG), um die es im vorliegenden Rechtsstreit geht, sind eng grundstücksbezogen: Sie sollen den Betrieb und die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ermöglichen, das ohne diese Beiträge auf Dauer auch keine Nutzungen mehr abwerfen würde.
Diese Rechtsauffassung wird bestätigt durch die Wertung des § 51 WEG, wonach für die Eigentumsentziehungsklage (§ 18 WEG) das Amtsgericht der belegenen Sache ausschließlich zuständig ist, sowie vor allem durch die Gerichtsstandregel des § 43 Abs. 1 WEG, wonach solche Streitigkeiten bei fortwährender Miteigentümerstellung das Gericht der belegenen Sache zu entscheiden hat. An dieser gesetzlichen Wertung ändert sich auch dann nichts, wenn die Wohnungseigentümer vor Rechtshängigkeit der Sache aus der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschieden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 512313 |
ZMR 2000, 336 |
OLGR-KS 2000, 191 |