Verfahrensgang
LG Heilbronn (Entscheidung vom 05.09.2017; Aktenzeichen 5 Ns 41 Js 31740/16) |
AG Öhringen (Aktenzeichen 3 Ls 41 Js 31740/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 5. September 2017
aufgehoben.
Die Bestellung von Rechtsanwalt K. wird widerrufen.
Dem Angeklagten wird Rechtsanwältin R. als Pflichtverteidigerin beigeordnet.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
Der Angeklagte befindet sich aufgrund Haftbefehls des Amtsgerichts S. vom 3. November 2016 seit diesem Tag ununterbrochen in Untersuchungshaft. Mit Beschluss des Amtsgerichts S. vom 7. November 2016 wurde ihm Rechtsanwalt K. als Verteidiger beigeordnet. Am 20. April 2017 verurteilte ihn das Amtsgericht - Schöffengericht - Ö. wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 18 besonders schweren Fällen und wegen gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren sieben Monaten. Mit Schriftsatz vom 26. April 2017 legte Rechtsanwalt K. gegen dieses Urteil namens und in Vollmacht des Angeklagten Rechtsmittel ein. Am 19. Juni 2017 gingen die Akten beim Landgericht Heilbronn ein. Mit Schriftsatz vom 3. August 2017 zeigte Rechtsanwältin R. gegenüber der Berufungskammer ein bestehendes Wahlmandat an und beantragte, als Verteidigerin des Angeklagten - bei gleichzeitiger Entpflichtung von Rechtsanwalt K. und Niederlegung des angezeigten Wahlmandats - bestellt zu werden. Nach richterlichem Hinweis teilte Rechtsanwältin R. am 9. August 2017 mit, dass durch den Verteidigerwechsel keine Mehrkosten entstünden, da dieser aufgrund ihres Verzichts auf die bisher entstandenen Gebühren und Auslagen kostenneutral erfolgen könnte. Am 11. August 2017 ging beim Landgericht Heilbronn ein Schreiben des Angeklagten ein, in dem er den Wunsch nach Auswechslung des Pflichtverteidigers äußerte. Mit Schreiben vom 18. August 2017 beantragte Rechtsanwalt K. seine Entpflichtung. Der Angeklagte begründete mit Schreiben vom 25. August 2017 die beantragte Pflichtverteidigerauswechslung mit einem Vertrauensverlust gegenüber Rechtsanwalt K. aufgrund dessen Verteidigungsstrategie in der vor dem Amtsgericht Ö. durchgeführten Hauptverhandlung.
Mit Beschluss vom 5. September 2017 wies das Landgericht Heilbronn den Antrag des Angeklagten auf Widerruf der Verteidigerbestellung von Rechtsanwalt K. und Beiordnung von Rechtsanwältin R. als Pflichtverteidigerin zurück.
Gegen diesen Beschluss legte Rechtsanwältin R. namens und im Auftrag des Angeklagten Beschwerde ein. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte in ihrer Stellungnahme vom 18. Oktober 2017, die Beschwerde des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.
II.
1. Die Beschwerde des Angeklagten ist gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässig. Sie ist nicht gemäß § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen, da der angegriffene Beschluss in keinem inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung steht, sondern eigenständige verfahrensrechtliche Bedeutung hat (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 141 Rn. 10, 10a mit weiteren Nachweisen).
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Zwar ist das Landgericht Heilbronn zu Recht davon ausgegangen, dass eine Entpflichtung des bisherigen Verteidigers aus wichtigem Grund nicht in Betracht kommt, da die dazu erforderliche nachhaltige und endgültige Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandant nicht überzeugend dargelegt ist.
Jedoch ist die hier vom Angeklagten angestrebte Auswechslung des Pflichtverteidigers für das Berufungsverfahren dennoch möglich. Die begehrte Beiordnung von Rechtsanwältin R. ist aufgrund der sich aus § 142 StPO ergebenden Fürsorgepflicht des Gerichts geboten, weil dem auf den Wechsel des Pflichtverteidigers gerichteten Wunsch eines Angeklagten jedenfalls dann zu entsprechen ist, wenn der bisherige Pflichtverteidiger mit dem Wechsel einverstanden ist und durch die Beiordnung des neuen Verteidigers weder eine relevante Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten für die Staatskasse verursacht werden. In einem solchen Fall muss eine für die Beiordnung sonst erforderliche Störung des Vertrauensverhältnisses ausnahmsweise nicht dargelegt werden (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 10. Oktober 2016 - 1 Ws 113/16; KG, Beschluss vom 2. September 2016 - 4 Ws 125/16; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Dezember 2015 - 2 Ws 582/15; OLG Braunschweig, Beschluss vom 30. Juli 2015 - 1 Ws 152/15; OLG Koblenz, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 2 Ws 748/13; OLG Oldenburg NStZ-RR 2010, 210; OLG Hamm, Beschluss vom 31. März 2009 - 2 Ws 89/09; OLG Frankfurt NStZ-RR 2008, 47; OLG Köln, StraFo 2008, 348; OLG Bamberg NJW 2006, 1536; OLG Naumburg, StraFo 2005, 73; OLG Brandenburg StV 2001, 442; Meyer-Goßner/Schmidt, a.a.O., § 143 Rn. 5a mit weiteren Nachweisen). Dies gilt insbesondere - wie vorliegend - bei einem Wechsel zwischen den In...