Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Pflichtteilsergänzungsanspruch wegen Einzahlung des Erblassers in die Privatrentenversicherung seiner Ehefrau
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 22.10.2010; Aktenzeichen 24 O 372/10) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 24. Zivilkammer des LG Stuttgart - Einzelrichter - vom 22.10.2010 i.V.m. dem Ergänzungsbeschluss vom 17.11.2010 (Az: 24 O 372/10) wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
3. Beschwerdewert: 7.606,55 EUR
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Zu Recht ist das LG davon ausgegangen, dass der Antragstellerin ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gem. § 2325 BGB (selbständiger, vom Pflichtteilsanspruch zu unterscheidender Anspruch [vgl. BGH NJW 1973, 995; Lange in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 2325 Rz. 5]) aus der Einzahlung des Erblassers in die Privatrentenversicherung der Antragsgegnerin, seiner Ehefrau, i.H.v. 58.300 EUR im Dezember 2003 i.H.v. 7.287,50 EUR (1/8) nicht zusteht.
a) Im Rahmen des § 2325 BGB ist es Aufgabe des Pflichtteilsberechtigten, zu beweisen, dass es sich bei der Einzahlung des Erblassers um eine Schenkung oder unbenannte Zuwendung gehandelt hat, also der Leistung des Erblassers keine Gegenleistung gegenübergestanden hat. Das Fehlen einer Gegenleistung zu beweisen, ist für den Pflichtteilsberechtigten aber dann mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden, wenn er als Dritter von den insoweit wesentlichen Tatsachen keine Kenntnis hat. Solche Beweisschwierigkeiten des Pflichtteilsberechtigten bergen die Gefahr, dass der Erbe den Rechtsfolgen des § 2325 BGB dadurch zu entgehen versuchen könnte, dass in der Vergangenheit unentgeltlich gewährte Leistungen nachträglich zu "Gegenleistungen" erklärt werden. In solchen Fällen ist den Beweisschwierigkeiten dadurch Rechnung zu tragen, dass es zunächst Sache des über die erforderlichen Kenntnisse verfügenden Anspruchsgegner ist, die für die Begründung der Gegenleistung maßgeblichen Tatsachen im Wege des substantiierten Bestreitens der Unentgeltlichkeit vorzutragen (BGH NJW-RR 1996, 705, 706; Baumgärtel/Laumen/Prütting/Schmitz, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 2325 Rz. 4 u. 5).
b) Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, dass die Einzahlung durch den Erblasser erfolgt sei, da sie nur eine geringe eigene Rente zu erwarten gehabt habe (derzeit 352,82 EUR) und die 60%ige Witwenrente bei Vorversterben des Ehegatten (derzeit 893,52 EUR) für eine angemessene Altersversorgung, insbesondere bei der aufgrund ihrer Vorerkrankungen absehbaren Heimunterbringung, nicht ausreichend gewesen seien.
c) Bei Zugrundelegung dieses, von der Antragstellerin zwar bestrittenen, aber nicht durch entsprechende Beweisangebote widerlegten Sachverhaltes ist von einer Zuwendung des Ehegatten für eine angemessene Altersversorgung auszugehen, welche - in rechtlicher Hinsicht - eine entgeltliche Leistung darstellt (BGH, Urt. v. 7.1.1972 - IV ZR 231/69 Rz. 20 = WM 1972, 412; BGH, Urt. v. 27.11.1991 - IV ZR 164/90 Rz. 20 = BGHZ 116, 167; Palandt/Weidlich, BGB, 70. Aufl., § 2325 Rz. 10; Bamberger/Roth/Mayer, BGB, 2. Aufl., § 2325 Rz. 10).
aa) Bei Abschluss des Privatrentenversicherungvertrags sowie bei Versicherungsbeginn (1.1.2004) war die Antragsgegnerin 64 ½ Jahre alt. Bereits von daher liegt der Zweck des Versicherungsabschlusses - Alterssicherung - auf der Hand.
bb) Die Alterssicherung hält sich auch in einem nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen angemessenen Rahmen. Die (eigene) Rente der Antragsgegnerin ist relativ gering. Auch unter Hinzurechnung der Witwenrente des Erblassers waren ihre Einkünfte, insbesondere unter Berücksichtigung ihres Gesundheitszustandes, nicht ausreichend gewesen, die Kosten für einen angemessenen Lebensunterhalt im Alter abzusichern (vgl. dazu auch OLG Schleswig, ZEV 2010, 369). Dies gilt auch unter Berücksichtigung von weiteren Bankguthaben des Erblassers i.H.v. 30.000 EUR.
2. Soweit die Antragstellerin einen weiteren Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) von 319,05 EUR geltend macht, fehlt es an der sachlichen Zuständigkeit des LG (vgl. dazu Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl., § 114 Rz. 22a). Verweisungsantrag an das AG war nicht gestellt worden.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten aus § 127 Abs. 4 ZPO, bezüglich der Gerichtskosten aus § 22 GKG i.V.m. Nr. 1812 KV.
Fundstellen
Haufe-Index 2691523 |
FamRZ 2011, 1823 |
ZEV 2011, 384 |
NotBZ 2011, 343 |