Leitsatz (amtlich)
1.
Der Verhängung eines Ordnungsgeldes steht wegen des auch repressiven Charakters des Ordnungsmittels gemäß § 890 ZPO nicht entgegen, dass der Antrag nach Ablauf der Titelfrist gestellt worden ist, wenn bei einem zeitlich befristeten Titel (z. B. Unterlassungsanspruch bezüglich eines für einen bestimmten Zeitraum angekündigten Räumungsverkaufs wegen Umbaus) die Verletzungshandlung innerhalb der titelimmanenten Laufzeit begangen worden ist.
2.
Der Rat des Prozessbevollmächtigten, dem Verfügungsbeschluss könne zuwider gehandelt werden, da der Titel rechtswidrig sei und letztlich keinen Bestand haben werde, entschuldigt einen kaufmännischen Schuldner nicht, weil ihm geläufig sein muss, dass gerichtliche Titel grundsätzlich Beachtung fordern, eine solche Empfehlung des eigenen Anwaltes nur eine Rechtsmeinung darstellt, die – wenn nicht ganz außergewöhnliche Umstände für etwas anderes sprechen – der im Titel zum Ausdruck gekommenen Bewertung nicht vorgeht und deshalb die Partei des Risikos eines Titelverstoßes mit Bestrafungsfolge nicht enthebt.
Normenkette
ZPO § 890
Beteiligte
Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., vertreten durch den Hauptgeschäftsführer … |
Verfahrensgang
LG Ulm (Aktenzeichen 1 KfH O 207/00) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ulm vom 19. Dezember 2000
geändert:
2. a) Gegen die Schuldnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen die in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts Ulm vom 2.10.2000 – Aktenzeichen 1 KfH O 270/00 – enthaltene Unterlassungsverpflichtung, nämlich es zu unterlassen,
den für die Zeit vom 30.9. bis 14.10.2000 bei der IHK Ulm angezeigten Räumungsverkauf wegen Umbaus ihrer Filiale …straße … in U. durchzuführen und/oder hierfür zu werben
einOrdnungsgeld von 10.000,00 DM, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, für je 500,00 DM ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken am Geschäftsführer der Schuldnerin, verhängt.
Das Ordnungsgeld istbis zum 7. Mai 2001 an die Gerichtskasse zu bezahlen.
b) Die weitergehende sofortige Beschwerde wird
zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Beschwerdewert: |
20.000,00 DM |
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, der Sache nach teilweise von Erfolg.
A
Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß § 890 ZPO.
Die Antragsgegnerin hatte am 31.7.2000 der IHK U. einen für 2.10. (Bl. 15), dann für 30.9. (Bl. 18) bis 14.10.2000 währenden Räumungsverkaufs wegen Umbaus angekündigt. Die Antragstellerin erwirkte mit Antrag vom 2.10.2000 den Erlass einer einstweiligen Verfügung vom gleichen Tage (Bl. 40 bis 43) mit dem mit einer Ordnungsmittelandrohung verbundenen Gebot,
- es zu unterlassen,
- den für die Zeit vom 30.09. bis 14.10.2000 bei der IHK U. angezeigten Räumungsverkauf wegen Umbaus ihrer Filiale …straße … in U. durchzuführen und/oder hierfür zu werben,
darauf gestützt, dass bereits am 27.9. mit dem Räumungsverkauf begonnen worden sei, dass mangels Vollständigkeit der bei der IHK eingereichten Unterlagen keine Genehmigung vorliege und Waren aus vom Umbau nicht berührten Räumen in einen gedacht berechtigten Räumungsverkaufsbereich verschoben würden. Die Zustellung (Bl. 107) geschah ebenfalls noch am gleichen Tag.
Am 6.10.2000 ging der Widerspruch der Antragsgegnerin ein, welche die behaupteten Tatbestände rechtlich und tatsächlich anging. Der Antragsgegner-Rechtsanwalt hielt und hält die erlassene einstweilige Verfügung für „rechtswidrig” (Bl. 133) und empfahl dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, der (nur) über eine kaufmännische Ausbildung verfügt, die Verkaufsveranstaltung fortzuführen, was dieser auch tat. Die Antragstellerin hatte denn auch mit außergerichtlichem Schreiben vom 5.10.2000 die ungerührte Fortsetzung des Räumungsverkaufes bereits gerügt. Der anhaltende Verletzungstatbestand war auch in der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2000 angesprochen (vgl. Bl. 103) und eingeräumt worden (Bl. 133).
Durch Urteil vom 27.10.2000 (Bl. 85 bis 90) hielt das Landgericht seine einstweilige Verfügung mit der Begründung aufrecht, dass Ware aus durch Umbau nicht privilegierte Geschäftszonen (Lager) in vom Umbau betroffene und damit einen Räumungsverkauf rechtfertigende Bereiche (Ladenlokal) verbracht würden, was die Sonderveranstaltung nicht nur insoweit, sondern insgesamt unzulässig mache. Aus wirtschaftlichen Gründen sah der Geschäftsführer der Antragsgegnerin entgegen dem Rat seines Anwaltes von einem Rechtsmittel ab. Am 7.11.2000 gab die Antragsgegnerin eine Abschlusserklärung ab.
Am 15.11.2000 hat die Antragstellerin im Hinblick auf die auch in der mündlichen Verhandlung eingeräumte Verletzungshandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes beantragt. Die Antragsgegnerin trat dem entgegen, da mit Ablauf der zeitlichen Erstreckung des Titels (30.9. bis 14.10.2000) der Titel, jedenfalls jegliches Rechtsschutzbedürfnis für...