Leitsatz (amtlich)
1. Verletzter iSd § 406e StPO und akteneinsichtsbefugt ist jeder, der durch die dem Beschuldigten vorgeworfene Straftat in einer Rechtsposition unmittelbar oder mittelbar beeinträchtigt ist, solange seine Rechtsposition nur in den nach der Schutzzwecklehre zu bestimmenden Schutzbereich der verletzten Strafnorm fällt.
2. Ein behaupteter zivilrechtlicher Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB weist nicht den geforderten Bezug zur Verletzung einer Strafnorm auf.
3. Mutmaßlich durch Marktmanipulation geschädigte Kapitalanleger sind nicht Verletzte iSd § 406e StPO. § 20a WpHG bezweckt keinen unmittelbaren Schutz des Kapitalanlegers, sondern alleine die im öffentlichen Interesse liegende Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit bei der Preisbildung an Börsen und Märkten und ist damit kein Schutzgesetz iSd § 823 Abs. 2 BGB.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 29.04.2013; Aktenzeichen 13 KLs 159 Js 69207/09) |
StA Stuttgart (Aktenzeichen 159 Js 69207/09) |
Tenor
1.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Verfügung des Vorsitzenden der 13. Großen Strafkammer bei dem Landgericht Stuttgart vom 29. April 2013 wird als unbegründet
v e r w o r f e n .
2.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Gründe
I.
Am 17. Dezember 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage gegen W. und H., denen sie Marktmanipulation in fünf Fällen nach §§ 20a Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 Alt. 1, 39 Abs. 2 Ziff. 11, 38 Abs. 2 Ziff. 1 WpHG i. V. m. §§ 25 Abs. 2, 53 StGB vorwirft. Die Angeschuldigten sollen in ihrer Eigenschaft als Vorstände der P. Automobil ... (im folgenden: P.) im Zeitraum vom 10. März 2008 bis zum 26. Oktober 2008 aufgrund gemeinsamen Tatentschlusses die Veröffentlichung von mindestens fünf (Presse) Erklärungen veranlasst haben, durch die vorgefasster Absicht entsprechend eine bereits seinerzeit bestehende Absicht der P. verschleiert werden sollte, die Aufstockung der Beteiligung am Stammkapital der V. AG auf 75 % anzustreben, indem eine solche Absicht dementiert worden sein soll. Entsprechend dem Tatplan der Angeschuldigten sollen die unrichtigen Angaben auf den an der Frankfurter Wertpapierbörse festgestellten Börsenpreis der Aktien der V. AG dämpfend eingewirkt haben. Im weiteren Verlauf sei es ab dem 27. Oktober 2008 zu einer Kursexplosion der V.-Stammaktie gekommen, nachdem die P. am 26. Oktober 2008 schließlich eine Pressemitteilung des Inhalts veröffentlicht habe, dass der Vorstand der Gesellschaft beabsichtige, die Beteiligung an der V. AG, sofern die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, im Jahr 2009 auf 75 % aufzustocken und damit den Weg für einen Beherrschungsvertrag frei zu machen und dass die P. bereits 42,6 % der ausstehenden V.-Stammaktien sowie Baroptionen auf weitere 31,5 % des Stammkapitals halte. Die in den von den Angeschuldigten veranlassten öffentlichen Mitteilungen enthaltenen unrichtigen Angaben hätten in den der Veröffentlichung der ersten Pressemitteilung vom 10. März 2008 unmittelbar nachfolgenden Handelsstunden die Handelsaktivität in der V.-Stammaktie gedämpft und damit potenzielle Handelsteilnehmer von Käufen dieser Aktien abgehalten sowie im nachfolgenden Zeitraum bis zum 26. Oktober 2008 Handelsteilnehmer zur Veräußerung ihrer bis dahin gehaltenen V.-Stammaktien oder zur Tätigung von Leerverkäufen von V.-Stammaktien veranlasst.
Am 31. Januar 2013 legitimierte sich Rechtsanwalt F. für die Antragstellerin unter Hinweis auf eine bei dem Landgericht B. erhobene Zivilklage gegen die P.. Am 26. Februar 2013 beantragte er für die Antragstellerin Akteneinsicht in die vollständigen Ermittlungs- und Verfahrensakten, sowie hilfsweise Akteneinsicht in einzelne Bestandteile der Ermittlungs- und Verfahrensakten, die überwiegend nur grob thematisch umrissen wurden. Zur Begründung ihres Akteneinsichtsgesuchs macht die Beschwerdeführerin geltend, aufgrund der im vorliegenden Strafverfahren verfahrensgegenständlichen Pressemitteilungen der P. zwischen dem 17. September 2008 und dem 1. Oktober 2008 ebenso wie die weiteren Unternehmen K., r. und V. zwischen dem 17. September 2008 und dem 1. Oktober 2008 insgesamt 900.000 Kaufoptionen für V.-Stammaktien an die C. und die B. verkauft zu haben, womit sie auf fallende Kurse der V.-Stammaktien setzten, da sie in die von den Angeschuldigten veröffentlichten Kapitalmarktinformationen vertraut hätten. Insgesamt sei dabei - einschließlich an die Antragstellerin von den anderen Unternehmen abgetretener, gleichgelagerter Schadensersatzansprüche - ein Schaden in Höhe von 212.634.500 € eingetreten, der gegen die P. mit Klageschrift vom 5. September 2012 vor dem Landgericht B. klageweise geltend gemacht würde, wobei der Anspruch auf § 826 BGB gestützt werde. Die Staatsanwaltschaft und die Angeschuldigten wurden gehört, sie sind dem Ersuchen entgegengetreten.
Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Verfügung des Vorsitzenden vom 29. April 2013, mit der dieser die Gewährung der beantragten Akteneinsicht zur...