Normenkette
BGB § 1578 Abs. 1, § 1585b
Verfahrensgang
AG Böblingen (Aktenzeichen 16 F 1431/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – Böblingen vom 12.11.2001 wie folgt abgeändert:
Der Antragstellerin wird für das Verfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt, soweit sie die Abänderung des zwischen den Parteien am 12.6.2001 vor dem AG Böblingen, …, geschlossenen Vergleichs dahin erstrebt, dass der Beklagte an sie ab 14.8.2001 Geschiedenenunterhalt von monatlich 600 DM bis 31.12.2001 und von monatlich 320 Euro ab 1.1.2002 zu bezahlen hat.
Der weitergehende Prozesskostenhilfeantrag wird abgewiesen, die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Beschwerde hat teilweise Erfolg. Die beabsichtigte Abänderungsklage bietet überwiegend hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Parteien, geschiedene Eheleute, haben in dem abzuändernden Vergleich vom 12.6.2001 u.a. die Ansprüche der Antragstellerin auf nachehelichen Unterhalt gem. §§ 1570, 1573 Abs. 2 BGB geregelt, und zwar auf der Grundlage eines Nettoerwerbseinkommens des Antragsgegners von monatlich 3.926 DM (unbereinigt) zzgl. monatlicher Einkünfte aus Dividende von rund 45 DM und abzgl. des vom Antragsgegner übernommenen Kindesunterhalts für die von der Antragsstellerin betreute Tochter D., geb. 1987, i.H.v. 135 % des Regelbetrags der dritten Altersstufe abzgl. des hälftigen Kindergeldes sowie von eigenen Erwerbseinkünften der Antragstellerin aus einer teilschichtigen Erwerbstätigkeit im Umfang von rund 30 Stunden monatlich mit 1.657 DM (unbereinigt), wovon sie jedoch nur einen Teil von 747 DM (bereinigt) als bedarfsprägend angesehen haben. Die Festlegung der Vergleichsgrundlage schließt mit dem Satz: „Die Parteien sind sich darüber einig, dass für zukünftige Abänderungsklagen die Bewertung sämtlicher Einkünfte der Klägerin Ziff. 2 (jetzige Antragstellerin) als eheangemessen nicht ausgeschlossen wird”. Trotz im Wesentlichen unveränderter Einkommensverhältnisse (die Antragstellerin geht lediglich davon aus, dass ihr eigenes Einkommen sich auf 1.767 DM netto – unbereinigt – erhöht hat) betreibt die Antragstellerin die Abänderung dieses Vergleichs ab 1.8.2001. Sie sieht eine wesentliche Änderung der Vergleichsgrundlage darin, dass der BGH mit Urteil vom 13.6.2001 (BGH, Urt. v. 13.6.2001, FamRZ 2001, 986), dem inzwischen weitere Entscheidungen mit gleicher Tendenz gefolgt sind, seine bisherige Rechtsprechung zur Bemessung des Geschiedenenunterhalts dahin geändert hat, dass Einkünfte aus einer nach Scheidung der Ehe vorgenommenen Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit des während der Ehe nicht oder in geringerem Umfang erwerbstätigen, unterhaltsberechtigten Ehegatten i.d.R. als bedarfsprägend für die (nach-) ehelichen Lebensverhältnisse zu behandeln, also bedarfserhöhend zu berücksichtigen sind.
Das FamG hat ihr die hierfür beantragte Prozesskostenhilfe verweigert, weil es eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung alleine nicht als Störung der Vergleichsgrundlage angesehen und auch dem o. zitierten Satz in dem abzuändernden Vergleich zwischen den Parteien keinen dahin gehenden Parteiwillen entnommen hat.
Dem ist zuzugeben, dass aus der Formulierung, wonach für zukünftige Abänderungsklagen die Bewertung sämtlicher Einkünfte der Klägerin Ziff. 2 (jetzige Antragstellerin) als eheangemessen nicht ausgeschlossen werde, nichts dafür hervorgeht, dass eine dahin gehende Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung alleine einen Abänderungsgrund darstellen solle. Es geht aber aus dieser Formulierung auch nichts für das Gegenteil, nämlich dafür hervor, dass es „für zukünftige Abänderungsklagen” stets eines zusätzlichen Abänderungsgrundes bedürfe. Die Parteien haben mit dieser Wendung lediglich deutlich gemacht, dass sie diese Berechnungsweise nicht für alle Zukunft festgeschrieben wissen wollen, sondern dass die Antragstellerin sich insoweit die Möglichkeit einer anderen rechtlichen Bewertung offen halten will und darf, wenn sich – aus welchen Gründen auch immer – eine Abänderungsmöglichkeit ergibt.
Somit stellt sich die Frage, ob sich unabhängig von der zitierten Vergleichsformulierung eine Erschütterung der Vergleichsgrundlage durch eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die die Unterhaltsberechnung zwischen den Parteien berühren könnte, ergibt.
Dies ist zu bejahen.
Die Abänderung eines Vergleichs über wiederkehrende Leistungen kann verlangt werden, wenn sich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen, die dem Vergleichsschluss zugrunde lagen, in einer Weise geändert haben, dass das Festhalten an dem Vergleich zu Lasten der von der Veränderung nachteilig betroffenen Partei nach Treu und Glauben nicht verlangt werden kann. Dies ist zwar regelmäßig nur der Fall, wenn sich die tatsächlichen Grundlagen geändert haben; Änderungen in der rechtlichen Beurtei...