Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schweigen des Gegners auf die Erledigungserklärung des Klägers bzw. Gläubigers kann nur unter den Voraussetzungen des § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO so behandelt werden, als habe der Gegner der Erledigungserklärung zugestimmt.

2. Auch im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nach § 888 ZPO ist eine einseitige Erledigungserklärung möglich.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 888, 891 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 09.03.2010; Aktenzeichen 8 O 464/08)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Gläubigers wird der Beschluss des LG Stuttgart vom 9.3.2010 - 8 O 464/08 - neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Antrag gem. § 888 ZPO vom 27.11.2009 erledigt ist.

2. Der Schuldner hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu tragen.

II. Der Schuldner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Verteilung der Kosten der Vollstreckung des Urteils des LG Stuttgart vom 23.9.2009 - 8 O 464/08 -, mit dem der Schuldner u.a. (Tenor Ziff. 2) verurteilt wurde, Einnahmen aus dem Verkauf bestimmter Gegenstände mitzuteilen und den berechneten Betrag an den Kläger zu bezahlen.

Das Urteil des LG Stuttgart vom 23.9.2009 wurde dem Schuldner am 28.9.2009 zugestellt. Ein Rechtsmittel wurde gegen das Urteil nicht eingelegt. Mit Schreiben vom 9.11.2009 forderte der Prozessbevollmächtigte des Gläubigers den Schuldner unter Fristsetzung bis zum 24.11.2009 auf, die nach dem Urteil des LG geschuldete Abrechnung vorzunehmen. Mit Schriftsatz vom 27.11.2009 beantragte der Gläubiger, gegen den Beklagten gem. § 888 ZPO ein Zwangsgeld zur Erzwingung der im Urteil des LG Stuttgart vom 23.9.2009 ausgesprochenen Verpflichtung zu Ziff. 2 zu verhängen (Bl. 80 d.A.). Mit einem Schreiben vom 24.11.2009, das beim Prozessbevollmächtigten des Gläubigers am 30.11.2009 eingegangen ist, übersandte der Schuldner Belege zu eBay-Auktionen, bei denen die in Ziff. 2 des Tenors des landgerichtlichen Urteils aufgeführten Gegenstände teilweise veräußert wurden. Mit einem weiteren Schreiben vom 15.12.2009 übersandte der Schuldner dem Prozessbevollmächtigten des Gläubigers eine Aufstellung der veräußerten Gegenstände sowie der Verkaufserlöse. Mit Schriftsatz vom 1.2.2010 erklärte der Gläubiger den Antrag nach § 888 ZPO für erledigt.

Mit Verfügung vom 2.2.2010 gab der Einzelrichter am LG den Parteien Gelegenheit, zur Kostenentscheidung gem. §§ 891 S. 3, 91a ZPO Stellung zu nehmen (Bl. 91 d.A.).

Mit Beschluss vom 9.3.2010 hob das LG die Kosten des Antrags auf Verhängung von Zwangsgeld gegeneinander auf (Bl. 94 ff. d.A.).

Zur Begründung führt das LG aus, dass die Kostenentscheidung aufgrund §§ 891, 91a ZPO zu treffen sei. Zwar habe sich der Schuldner der Erledigungserklärung nicht angeschlossen. Dies sei jedoch entbehrlich, weil der Schuldner überhaupt keinen Antrag gestellt habe. Im Übrigen habe er einer Entscheidung nach § 91a ZPO auch nicht widersprochen. Bei der nach § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffenden Entscheidung sei zu berücksichtigen, dass der Schuldner die Rechnungslegung nicht fristgerecht erstellt habe. Auf der anderen Seite sei er dem Begehren sofort nach Antragstellung auf Verhängung eines Zwangsgeldes nachgekommen. Als juristischer Laie habe er möglicherweise nicht sofort eine Vorstellung davon gehabt, wie eine Rechnungslegung korrekt aussehen müsse. Weiter sei zu berücksichtigen, dass der zeitliche Rahmen des Gläubigers sehr straff gewesen sei und er unmittelbar nach Fristablauf den Antrag gem. § 888 ZPO gestellt habe. Der Antrag und die erste Antwort des Beklagten hätten sich überschnitten. Diese Umstände rechtfertigten eine Kostenaufhebung.

Hiergegen richtet sich das als "Beschwerde" bezeichnete Rechtsmittel des Gläubigers. Entgegen den Ausführungen des LG könne nicht darauf abgestellt werden, dass der Beklagte juristischer Laie sei. Das Schreiben vom 9.11.2009 sei an die Prozessbevollmächtigten des Schuldners gerichtet gewesen. Diese seien bereits nach Urteilerlass verpflichtet gewesen, den Schuldner darüber aufzuklären, dass dieser Abrechnung zu erteilen hat. Der Schuldner habe es gleichwohl pflichtwidrig unterlassen, innerhalb der gesetzten Frist bis zum 24.11.2009 seiner Verpflichtung nachzukommen. Die Frist sei auch in keinem Fall zu kurz bemessen gewesen. Der Antrag auf Verhängung von Zwangsgeld sei nicht frühzeitig gestellt worden.

Das LG hat dem Rechtsmittel des Gläubigers nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Stuttgart vorgelegt (Bl. 200 f. d.A.).

II. Das als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel des Gläubigers ist zulässig und auch begründet.

1. Das gegen die auf § 91a ZPO gestützte Entscheidung des LG gerichtete statthafte Rechtsmittel ist die sofortige Beschwerde (§ 91a Abs. 2 S. 1 ZPO). Auch wenn das LG wegen der nur einseitigen Erledigungserklärung des Gläubigers in der Sache entschieden hätte, wie dies erforderlich gewesen wäre (s. unten), wäre das statthafte Rechtsmittel die sofortige...

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