Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der durch die Vollstreckungsbehörde zu bestimmenden Reihenfolge der Vollstreckung des Restes einer Jugendstrafe, dessen Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung widerrufen worden ist, und einer in einem anderen Unfall angeordneten Maßregel der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Entscheidung vom 20.11.2018) |
Tenor
Die Verfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 22. Juli 2019 und der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart vom 7. August 2019 werden
aufgehoben.
Die Staatsanwaltschaft Heilbronn wird verpflichtet, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Das Verfahren ist kostenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind aus der Staatskasse zu erstatten.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Mit Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20. November 2018 wurde der Antragsteller wegen Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich ordnete das Landgericht die Unterbringung des Antragstellers in einer Entziehungsanstalt an und bestimmte, dass drei Monate der verhängten Strafe vor der Maßregel zu vollziehen sind.
Am 28. Februar 2019 wurde der Antragsteller, der sich seit Mai 2018 zunächst in Untersuchungshaft und seit Eintritt der Rechtskraft am 6. Dezember 2018 in Organisationshaft befunden hatte, zum Vollzug der angeordneten Maßregel in das Zentrum für Psychiatrie Südwürttemberg, Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie Zwiefalten, verlegt.
Der Antragsteller war bereits mit Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 8. Dezember 2014 wegen Betäubungsmitteldelikten zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt worden. Die Jugendstrafe verbüßte er bis 23. Juni 2017 in der Justizvollzugsanstalt Heinsberg. Zu diesem Zeitpunkt setzte das Amtsgericht Heinsberg die Strafe mit Beschluss vom 14. Juni 2017 auf zwei Jahre zur Bewährung aus. Im Hinblick auf die dem Urteil des Landgerichts Heilbronn vom 20. November 2018 zugrundeliegenden neuen Straftaten widerrief das Amtsgericht Nürtingen die Strafaussetzung zur Bewährung. Von der Strafe des Landgerichts Mönchengladbach vom 8. Dezember 2014 waren zunächst noch 322 Tage zu vollstrecken. Die Rechtspflegerin beim Amtsgericht Nürtingen informierte mit Schreiben vom 17. Juli 2019 das ZfP Zwiefalten, dass sie eine Reststrafenvollstreckung betreiben müsse und sich bezüglich der Vollstreckungsreihenfolge mit der Staatsanwaltschaft Heilbronn zu einigen habe; hierfür wolle man das ZfP zur "Beurteilung der Angelegenheit" gerne "beteiligen". Das ZfP Zwiefalten nahm mit Schreiben vom 19. Juli 2019 Stellung. Darin heißt es unter anderem, dass eine Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge bei Widerruf einer Freiheitsstrafe in den allermeisten Fällen die Erfolgsaussichten einer Therapie im Maßregelvollzug verbessere; die Patienten seien dann von der Last einer anschließenden Inhaftierung befreit und hätten während des Aufenthalts keine Probleme bei der Zustimmung zu Lockerungen durch die Staatsanwaltschaft; therapeutische Fortschritte könnten durch eine mögliche anschließende Inhaftierung wieder zu Nichte gemacht werden. Insofern werde eine Umkehr der Vollstreckungsreihenfolge gemäß § 44b StVollstrO zum besseren Erreichen des Zwecks der Maßregel befürwortet.
Die Rechtspflegerin bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn verfügte am 22. Juli 2019 ohne weitergehende Begründung, dass "die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten ... gemäß § 44b StVollstrO mit Eingang dieser Unterbrechungsanordnung für die Vollstreckung der Anschlussstrafe des Amtsgerichts Nürtingen unterbrochen" werde. Weiter wurde von ihr an diesem Tag verfügt, "die Maßregel ist gemäß § 44b StVollstrO zum Zwischenvollzug zu unterbrechen". Der Verurteilte solle unverzüglich "aus dem Zentrum für Psychiatrie Zwiefalten ... zum Vollzug der Strafhaft in die Justizvollzugsanstalt Adelsheim ... überführt" werden.
Gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 22. Juli 2019 legte der Antragsteller Beschwerde gemäß § 21 StVollstrO ein und begründete sie damit, dass die Entscheidung ermessensfehlerhaft sei; u. a. wies er darauf hin, dass ein erfolgreicher Verlauf der Therapie im Maßregelvollzug auch im Rahmen der Prüfung einer neuerlichen Aussetzung der Reststrafe zu berücksichtigen sein werde.
Mit Bescheid vom 7. August 2019 hat die Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart der Beschwerde gegen die Verfügung der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 22. Juli 2019 keine Folge gegeben. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde nicht zu beanstanden sei. Ohne den Zwischenvollzug müsste der Antragsteller nach Vollstreckung der Maßregel für 322 Tage in den Strafvollzug zurückkehren, was den dann - hoffentlich - erreichten Therapieerfolg gefährden könnte.
Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte mit Schrifts...