Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 29.03.2016; Aktenzeichen 16 O 166/15) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 29.03.2016, Az. 16 O 166/15, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.433,29 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.05.2015 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen trägt die Klägerin 4/5, die Beklagte 1/5.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.502,53 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist in weiten Teilen begründet.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Erstattung der Behandlungskosten gemäß § 192 Abs. 1 VVG, § 4 Abs. 1 MB/KK 2009 i.V.m. dem Krankenversicherungsvertrag besteht dem Grunde nach nur für die Rechnungen vom 19.04.2013 und 13.06.2013 und den diesen zugrundeliegenden Behandlungen im Zeitraum 09.01.2013 bis 20.03.2013.
1. Dagegen ist ein weiterer Kostenerstattungsanspruch für die mit den Rechnungen vom 22.01.2013 und 01.02.2013 geltend gemachten Behandlungen im Zeitraum 17.10.2012 bis 28.12.2012 zu verneinen. Die Beklagte hat für diesen Zeitraum nur die Kosten der allgemeinen Krankenhausleistungen zu erstatten, was bereits geschehen und hier nicht streitgegenständlich ist.
a) Für den abgerechneten Zeitraum 17.10.2012 bis 28.12.2012 haben die Parteien keine wirksame Wahlleistungsvereinbarung geschlossen, aus der sich der Anspruch auf eine gesonderte Berechnung der zugrundeliegenden Behandlungen ergibt.
Die Wirksamkeit einer Wahlleistungsvereinbarung setzt gemäß § 17 Abs. 2 KHEntG u.a. voraus, dass der Patient vor Abschluss der Vereinbarung über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen schriftlich informiert wird.
Eine Wahlleistungsvereinbarung, die entgegen § 17 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KHEntG ohne hinreichende vorherige Unterrichtung des Patienten abgeschlossen worden ist, ist unwirksam (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urteil vom 19.02.1998 - III ZR 169/97, juris; BGH, Urteil vom 27.11.2003 - III ZR 37/03, juris: zum Zeitpunkt dieser BGH-Rechtsprechung war das Erfordernis der Schriftlichkeit noch nicht gesetzlich festgeschrieben, daher hielt es der BGH nur für "zweckmäßig", die Unterrichtung schriftlich vorzunehmen; vgl. Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, Kommentar, 3. Auflage, § 17 KHEntG Rn. 26 und 31).
Die Beklagte hat bestritten, dass die Klägerin vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung am 17.10.2012 eine derartige schriftliche Information erhielt. Eine von der Klägerin unterschriebene Information liegt nur für den zweiten Behandlungszeitraum datierend vom 09.01.2013 vor.
Ihre persönliche Anhörung im Termin vom 01.03.2018 hat nicht zur Überzeugung des Senats geführt, dass die Klägerin auch am 17.10.2012 vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung eine schriftliche Information über die Entgelte der Wahlleistungen und deren Inhalt im Einzelnen erhielt.
Grundsätzlich ist es dem Tatrichter im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO erlaubt, allein aufgrund des Vortrags der Parteien und ohne Beweiserhebung festzustellen, was für wahr und was für nicht wahr zu erachten ist (BGH, Urteil vom 06.10.1981 - X ZR 57/80, juris; BVerfG, Beschluss vom 01.08.2017 - 2 BvR 3068/14, juris). Er kann dabei im Rahmen der freien Würdigung des Verhandlungsergebnisses den Behauptungen und Angaben einer Partei unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht - auch nicht mittels Parteivernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt - beweisen kann (BGH, Urteil vom 07.02.2006 - VI ZR 20/05, juris; BGH, Urteil vom 24.04.1991 - IV ZR 172/90, juris).
Die Klägerin hat in ihrer persönlichen Anhörung zur Frage, ob sie eine schriftliche Patienteninformation in Zusammenhang mit der Wahlleistungsvereinbarung vom 17.10.2012 erhalten habe, lediglich angegeben, dass sie denke, eine solche am 17.10.2012 unterschrieben zu haben. Sie gehe davon aus, dass diese identisch mit derjenigen vom 09.01.2013 gewesen sei. In ihren Unterlagen habe sie diese nicht mehr gefunden. Nähere Angaben zum Ablauf der Vereinbarung und zum Erhalt der Information im Rahmen ihrer stationären Aufnahme konnte sie nicht machen.
Dies reicht aber nicht aus, um mit der erforderlichen Gewissheit feststellen zu können (§ 286 ZPO), dass die Klägerin auch am 17.10.2012 vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung schriftlich informiert wurde und nicht nur am 09.01.2013. Dass die Klägerin denkt, sie habe eine solche Information unterschrieben, bedeutet gerade nicht, dass sie sich ta...