Normenkette
GG Art. 1-2, 5; BGB §§ 823, 1004; KunstUrhG § 22 Abs. 1 S. 1, § 23 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 08.08.2013; Aktenzeichen 11 O 105/13) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 8.8.2013 (Az.: 11 O 105/13) wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 10.000 EUR
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 10.000 EUR wegen der Veröffentlichung eines Lichtbildes.
1. Der Kläger ist der Vater von T. K., der am 11.3.2009 bei einem Amoklauf 15 Menschen tötete, weitere verletzte und sich anschließend selbst tötete. Er ist - zwischenzeitlich rechtskräftig - wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die Beklagte verlegt u.a. die B-Zeitung. In deren Ausgabe "B S" erschien am 21.10.2010 ein Artikel unter der Überschrift "Morddrohung gegen T.'s Vater" (Anl. K 1), in dessen Rahmen das aus Anlage K 1 ersichtliche gepixelte Lichtbild des Klägers wiedergegeben wurde. In der Ausgabe der "B S" vom 1.12.2012 erschien ein weiterer Artikel (Anl. K 2) mit der Überschrift "Amok-Killer von W - so brachte sein Vater ihm das Schießen bei", in welchem dasselbe Lichtbild in kleinerer Form wiedergegeben wurde.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe durch die Veröffentlichung des Lichtbildes in den genannten Zeitungsartikeln sein Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletzt, so dass ihm eine Geldentschädigung von mindestens 10.000 EUR zustehe. Er hat behauptet, auf dem Lichtbild sei er, insbesondere wenn man dieses aus einiger Entfernung betrachte, trotz der Pixelung zu erkennen. Das zeitgeschichtliche Interesse an seiner Person wegen des Amoklaufs seines Sohnes und des gegen ihn geführten Strafprozesses rechtfertige es nicht, ihn im Bild einer medialen Verwertung auszusetzen, wenn das Bild ohne jeglichen Zusammenhang zu den zeitgeschichtlichen Umständen stehe, auf welche das öffentliche Interesse gerichtet sei.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers liege nicht vor. Sie hat behauptet, der Kläger sie aufgrund der Pixelung gar nicht erkennbar, es wäre aber auch eine Berichterstattung ohne Pixelung zulässig gewesen, da die Berichterstattung einen zeitgeschichtlichen Vorgang von besonderem Gewicht betreffe.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens in erster Instanz einschließlich der Antragstellung wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen, § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
2. Das LG hat die Klage abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Dass die Container-Signatur, mit der die Klageschrift nebst Anlagen beim LG eingereicht worden ist, nicht von dem Rechtsanwalt der Sozietät stammte, welcher den Schriftsatz zu verantworten hatte, sondern von einem anderen, ebenfalls zur Sozietät gehörenden Rechtsanwalt, sei schon deshalb unschädlich, weil die mit der Originalunterschrift des Rechtsanwalts, welcher den Schriftsatz zu verantworten hatte, unterzeichnete Klageschrift eingescannt, dem LG in dieser Form übersandt und dort mit der in Kopie wiedergegebenen Unterschrift ausgedruckt worden sei, so dass zweifelsfrei eine wirksam unterzeichnete Klageschrift vorliege. Im Übrigen habe der den Schriftsatz verantwortende Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung unter Bezugnahme auf die Klageschrift die in dieser formulierten Klaganträge gestellt und deshalb spätestens hierdurch wirksam Klage erhoben.
Die Klage sei jedoch unbegründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Zahlung einer immateriellen Geldentschädigung gem. § 823 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 des Grundgesetzes zustehe, da die Beklagte durch die Veröffentlichung des Lichtbildes in den beiden beanstandeten Zeitungsartikeln keine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung begangen habe, welche nicht auf andere Weise ausgeglichen werden könne. Die Veröffentlichung des Lichtbildes sei vielmehr nach dem gestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG zulässig gewesen, weil es sich bei dem im Rahmen der beiden Artikel veröffentlichten Lichtbild um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handele (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 der KUG), durch die Veröffentlichung des Lichtbildes kein berechtigtes Interesse des Klägers verletzt worden sei (§ 23 Abs. 2 KUG) und daher keine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstelle.
Nach den höchstrichterlich entwickelten Grundsätzen zur Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen handele es sich um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte i.S.v. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG.
Bei dem Amoklauf des Sohnes des Klägers habe es sich um eine außergewöhnlich schwere Straftat gehandelt, die großes Aufsehen ...