Leitsatz (amtlich)
1. Ein Bestätigungsbeschluss ist auch möglich, wenn streitig ist, ob die Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter richtig ist.
2. Die zuerst eingereichte Klage ist wegen der Rechtshängigkeit einer später eingereichten, aber zuerst zugestellten Klage mit demselben Streitgegenstand unzulässig.
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Aktenzeichen 8 O 88/03) |
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Der auf 19.5.2004 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Wahl des Aufsichtsrats der Beklagten.
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 28.3.2003 wurde mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen der Wahlvorschlag der Klägerin zum Aufsichtsrat abgelehnt und der Wahlvorschlag des früheren Aufsichtsrats angenommen. Die Klägerin hat dagegen Widerspruch erklärt, Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erhoben und beantragt festzustellen, dass ihr Wahlvorschlag angenommen worden sei. Sie hat vorgetragen, der Notar habe weder die Stimmberechtigung festgestellt noch die Stimmenauszählung überwacht, die Listenwahl zum Aufsichtsrat sei unzulässig gewesen und die Mehrheit beruhe auf Herrn M zuzurechnenden Stimmen. Dessen Stimmen hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, weil er seine Meldepflichten nach dem WpHG nicht erfüllt habe.
Das LG hat die Klage durch Urteil vom 28.10.2003 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt.
In der Hauptversammlung der Beklagten vom 4.2.2004 wurden die angefochtenen Beschlüsse bestätigt. Mit einem Schriftsatz, der am 3.3.2004 beim Senat einging und der Beklagten am 10.3.2004 zugestellt wurde, erweiterte die Klägerin ihre Klage um die Anträge auf Nichtigerklärung, hilfsweise Feststellung der Nichtigkeit der Bestätigungsbeschlüsse. Mit einem Schriftsatz, der am 4.3.2004 beim LG Ravensburg einging, am 6.3.2004 den Aufsichtsräten und am 8.3.2004 dem Vorstand der Beklagten zugestellt wurde, erhob die Klägerin mit gleichlautenden Anträgen eine Klage vor dem LG (LG Ravensburg - 2 O 77/04).
II. Das Berufungsverfahren wird im Hinblick auf die vor dem LG Ravensburg (LG Ravensburg - 2 O 77/04) anhängige Anfechtungsklage gegen den Bestätigungsbeschluss ausgesetzt. Nach § 148 ZPO kann die Aussetzung angeordnet werden, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Die Entscheidung über die Anfechtungsklage der Klägerin hängt von der Entscheidung über die Anfechtungsklage gegen den Bestätigungsbeschluss ab. Nach § 244 AktG kann die Anfechtung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und die Anfechtungsklage gegen den Bestätigungsbeschluss rechtskräftig zurückgewiesen worden ist.
1. Sowohl der Beschluss über die Ablehnung des Wahlvorschlags der Klägerin als auch der Beschluss zur Wahl des Aufsichtsrats konnten durch den neuen Beschluss bestätigt werden.
a) Allerdings ist die Bestätigung eines nichtigen Ausgangsbeschlusses nicht möglich, weil sich die Nichtigkeit nur durch Heilung nach § 242 AktG, aber nicht durch Bestätigung beheben lässt. Der Erstbeschluss ist aber nicht nichtig. Nichtig sind Beschlüsse u.a., wenn sie nicht nach § 130 Abs. 1, 2 und 4 AktG beurkundet sind, § 241 Nr. 2 AktG. Zu beurkunden sind die Art und das Ergebnis einer Abstimmung und die Feststellungen des Vorsitzenden über die Beschlussfassung. Zur Art der Abstimmung zählt auch die Niederschrift darüber, wie die Stimmenauszählung vorgenommen wurde und welche Zahl an Ja- und Nein-Stimmen festgestellt wurde. Die Niederschrift über die Hauptversammlung der Beklagten genügt diesen Anforderungen. Dagegen gehört die Überwachung der Stimmenauszählung nicht zu den Beurkundungsaufgaben des Notars. Die aktienrechtlichen Protokollierungspflichten des Notars sind in § 130 AktG abschließend geregelt. Dem Wortlaut der Norm ist nicht zu entnehmen, dass sich die zu protokollierenden eigenen Wahrnehmungen des Notars nicht auf das vom Versammlungsleiter verkündete Abstimmungsergebnis beschränken dürfen, sondern sich auch auf dessen Ermittlung erstrecken müssten (OLG Düsseldorf v. 28.3.2003 - 16 U 79/02, OLGReport Düsseldorf 2003, 464 = AG 2003, 510 = NZG 2003, 816). Entsprechendes gilt für die Beachtung der Stimmberechtigung.
b) Ein Bestätigungsbeschluss ist auch möglich, wenn unklar ist, ob die Beschlussfeststellung durch den Versammlungsleiter richtig ist und damit der Erstbeschluss überhaupt gefasst ist (a.A. OLG München v. 21.5.2003 - 7 U 5347/02, AG 2003, 645). Dagegen spricht nicht, dass dann, wenn der Erstbeschluss in Wirklichkeit gar nicht gefasst ist, ein zu bestätigender Beschluss fehlt. Das ergibt sich aus dem Zweck des Bestätigungsbeschlusses, mögliche Zweifel über die Gültigkeit des Beschlossenen im Interesse der Gesellschaft wie des Rechtsverkehrs auszuräumen. Durch den Bestätigungsbeschluss erkennt die...