Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 18.06.2015; Aktenzeichen 36 O 104/14 KfH)) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Vorsitzenden der 36. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 18.6.2015 (Az.: 36 O 104/14 KfH) wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert für beide Rechtszüge 3.000,- EUR.
Gründe
I. Der Kläger macht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche aus der Verwendung einer vorformulierten Widerrufsbelehrung geltend.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 36. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 18.6.2015 (Az.: 36 O 104/14 KfH) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat die Klage abgewiesen und hierzu ausgeführt:
Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 Lugano-Übereinkommen (LugÜ) i.V.m. Art. 246 Abs. 3 S. 2 EGBGB, die örtliche aus § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UKlaG.
Die angegriffene Widerrufsbelehrung widerspreche am Maßstab des nach Art. 6 Abs. 1 Rom II-VO anwendbaren deutschen materiellen Rechts nicht dem Deutlichkeitsgebot. Die angegriffene Erklärung entspreche den gesetzlichen Vorgaben. Ein Durchschnittsverbraucher werde sich durch die anschließende "Kenntnisnahme" nicht von der Widerrufsbelehrung ablenken lassen und diese nicht missverstehen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
Er trägt vor:
Die Widerrufsbelehrung enthalte andere Erklärungen. Dies verstoße gegen das Deutlichkeitsgebot. Der grafisch abgesetzte Teil enthalte nach der Widerrufsbelehrung eine Erklärung zur Kenntnisnahme durch den Kunden. Beide seien nicht klar voneinander abgesetzt und träten dem Verbraucher damit als Einheit gegenüber.
Das Empfangsbekenntnis verstoße darüber hinaus gegen § 309 Nr. 12a) BGB, da es zu einer Umkehr der Beweislast führe.
10. Die Beklagte wende sich besonders an Verbraucher in einer verzweifelten finanziellen Lage, Deren durchschnittliche Fähigkeiten müssten bei der Beurteilung mit einfließen. Sie seien geringer als diejenigen des Durchschnittsverbrauchers.
11. Nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger seinen Vortrag in einer Replik, weithin wiederholend, vertieft.
12. Der Kläger beantragt:
13. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.06.2015 verkündete Urteil der 36. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart - Az.: 36 O 104/14 KfH - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
14. I. Der Beklagten wird untersagt, mit Verbrauchern Verträge über die Vermittlung einer Finanzsanierung im Fernabsatz abzuschließen und hierbei eine Widerrufsbelehrung zu verwenden wie im Fall des Herrn Y. S. S. am 01./04.09.2014, wie geschehen in der Anlage K2.
15. II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
16. Vorsorglich regt der Kläger an, die Revision zuzulassen und macht hierfür eine Divergenz zur Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und anderer Obergerichte geltend.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
19. Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil:
20. Die Widerrufsbelehrung sei hinreichend grafisch hervorgehoben und abgesetzt, die nachfolgende Kenntnisnahme durch eine Fettdrucküberschrift getrennt. Sie stelle keinen Zusatz zu der Widerrufsbelehrung dar.
21. Ein Vertragsschluss mit der Beklagten stehe allen Verbrauchern offen. Maßgebend sei der allgemeine Verbrauchermaßstab.
22. Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im zweiten Rechtszug nimmt der Senat Bezug auf die im Berufungsverfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschrift vom 10.12.2014. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers ist verspätet und gibt keinen Grund, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen; darin enthaltener neuer Sachvortrag ist präkludiert.
II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geänderte Klageantrag ist hinreichend bestimmt, die Berufung bleibt aber auch mit diesem Antrag ohne Erfolg.
24. Die Berufung enthält, soweit sie auf § 309 Nr. 12a) BGB gestützt werden soll, eine nach § 533 ZPO unzulässige Klageänderung. Nach dieser Norm sind im zweiten Rechtszug Klageänderungen grundsätzlich unzulässig und nur unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen ausnahmsweise zuzulassen. Diese liegen hier nicht vor.
1. Eine Klageänderung liegt auch unter Zugrundelegung des neuen Streitgegenstandsbegriffes des Bundesgerichtshofes i...