Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflassung. Vermächtnisanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Kürzungsrecht nach § 2318 Abs. 1 BGB kann durch ausdrückliche oder konkludente Erblasserbestimmung ausgeschlossen werden, § 2324 BGB.

2. Wenn die Erblasserin dennoch anordnet, dass der Klägerin das streitgegenständliche Grundstück unentgeltlich übereignet werden soll und dass mit ihrem Todestag Nutzungen, Lasten und Gefahren auf die Klägerin übergehen sollen, so bedeutet dies, dass unabhängig von etwaigen Pflichtteilsansprüchen die Klägerin das Eigentum an dem Grundstück ungeschmälert zukommen soll.

 

Normenkette

BGB §§ 2318, 2324

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 10.04.1984; Aktenzeichen 2 O 1875/83)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 10.4.1984 wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten ihres Rechtsmittels als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 120.000,– abzuwenden, es sei denn, die Klägerin leistet ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe.

Streitwert für die Prozeßgebühr des zweiten Rechtszuges: DM 105.500,–.

Streitwert für die Verhandlungs- und Urteilsgebühr des zweiten Rechtszuges, zugleich Beschwer der Beklagten: DM 77.207,13.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Erfüllung eines Vermächtnisanspruches.

Sie ist zusammen mit den Beklagten Testamentserbin ihrer am 4.7.1983 verstorbenen Mutter Pauline Nusser. In ihrem notariellen Testament vom 26.8.1981 berief Frau N. die Klägerin zur einen Hälfte – unter Übergehung der älteren Tochter, der Mutter der Beklagten – die Beklagten zur anderen Hälfte zu ihren Erben.

Zusätzlich bestimmte sie in Ziff. 3 ihres Testaments u. a. folgendes:

Meiner Tochter

Renate … geboren am 1. Oktober … in B. –, wohnhaft in …, Hauptstraße 53, … vermache

ich den unentgeltlichen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dem im Grundbuch von Bönnigheim Heft 2075 Abt. I Nr. 7 eingetragenen Grundstück der Markung Bönnigheim Geb. 55 Hauptstraße, Wohnanwesen 1 a 35 qm, samt aller darin befindlichen Caféeinrichtungsgegenstände. Nutzen, Lasten und Gefahr gehen mit meinem Todestag auf die Vermächtnisnehmerin über.

Unter Ziff. 4 vermachte die Klägerin den Beklagten den bis zu dem Tod der Erblasserin gestundeten Kaufpreis in Höhe von DM 55.000,– samt Zinsen aus der am 12.2.1968 erfolgten Veräußerung des Gebäudes Hauptstraße 53 an die Mutter der Beklagten. Unter Ziff. 5 vermachte sie dann der Mutter der Beklagten den Anspruch auf Einräumung von Nießbrauchrechten an den Erbteilen und den Vermächtnisansprüchen der Beklagten.

Da die Beklagten, hierbei vertreten durch ihre Eltern, die Übereignung des der Klägerin vermachten Grundstücks verweigert haben, hat die Klägerin beantragt:

Die Beklagten Ziff. 1 und Ziff. 2 werden verurteilt, das Grundstück Gemarkung Bönnigheim, Grundbuch-Heft 2075 Abt. I Nr. 7, Geb. Nr. 55 Hauptstraße, Wohnanwesen 1 a 35 qm, an die Klägerin aufzulassen und die Eintragung ins Grundbuch zu bewilligen.

Die Beklagten, die auch gerügt haben, nicht wirksam vertreten zu sein, haben weiterhin vorgetragen, sie könnten im Hinblick auf § 2318 BGB die Erfüllung des Vermächtnisses verweigern, da ihre Mutter ihre Pflichtteilsansprüche gegen den Nachlaß geltend mache und deshalb die Pflichtteilslast von ihnen und der Klägerin verhältnismäßig getragen werden müsse. Auch käme eine Erklärung der Auflassung Zug um Zug nicht in Betracht, da die Höhe der Pflichtteilsansprüche und die davon abhängige Höhe des Kürzungsanteils noch gar nicht feststehe.

Schließlich stände ihnen noch ein Zurückbehaltungsrecht zu, da die Klägerin im Innenverhältnis verpflichtet sei, anteilig noch weitere Nachlaßansprüche ihrer Mutter zu tragen. Solange die Klägerin keine Sicherheit für diese Ausgleichsansprüche leiste, könnten sie die Erfüllung des Vermächtnisanspruches verweigern.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf die Schriftsätze der Prozeßbevollmächtigten nebst dem Testament und dem Nachlaßverzeichnis verwiesen.

Durch Urteil vom 10.4.1984 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn der Klage stattgegeben. Dieses Urteil wurde den Beklagten am 24.4.1984 zugestellt. Die Beklagten haben ihre am 21.5.1984 eingekommene Berufung nach zweimaliger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis letztlich zum 22.10.1984 an diesem Tag mit einer Begründung versehen. Sie wiederholen ihren erstinstanzlichen Vortrag und machen weiterhin geltend, eine Kürzung des klägerischen Vermächtnisanspruches gemäß § 2318 BGB sei zumindest deshalb gerechtfertigt, weil ihrer Mutter auch ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gemäß § 2325 BGB zustehe. Dieser müsse vollständig oder zumindest zur Hälfte bei dem Vermächtnis berücksichtigt werden. Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehe deshalb, da die Erblasserin im Jahre 1976 der Klägerin das Grundstück Hau...

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