Verfahrensgang
LG Tübingen (Entscheidung vom 29.11.2010; Aktenzeichen 20 O 86/10) |
Tenor
1.
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil der Vorsitzenden der 20 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 29. November 2010 (Az.: 20 O 86/10 KfH) wird
z u r ü c k g e w i e s e n.
2.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 10.000,- EUR.
Gründe
I.
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung aus Wettbewerbsverstoß in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem Urteil der Vorsitzenden der 20 Kammer für Handelssachen des Landgerichts Tübingen vom 29. November 2010 (Az.: 20 O 86/10 KfH) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat seine Beschlussverfügung durch Urteil bestätigt und hierzu ausgeführt:
Der Antrag sei hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Formulierung "in deutlich lesbarer Druckgröße" sei auslegungsbedürftig, lasse sich aber an Hand der in Bezug genommenen Werbung eindeutig ermitteln.
Die Werbung sei unlauter gem. § 3 Abs. 2 UWG. Die bloße Testhinweiswerbung falle zwar nicht unter § 6 UWG. Die Werbung verstoße aber unmittelbar gegen § 3 UWG, weil der Verbraucher nicht leicht, eindeutig und in deutlicher Schrift darauf hingewiesen werde, wo er nähere Angaben zu dem jeweiligen Test erhalten könne.
Es sei ein Gebot der fachlichen Sorgfalt, mit Testergebnissen nur zu werben, wenn dem Verbraucher dabei die Fundstelle eindeutig und leicht zugänglich angegeben und ihm so eine einfache Möglichkeit eröffnet werde, den Test selbst zur Kenntnis zu nehmen. Fehle es daran, werde die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, spürbar beeinträchtigt.
Die allgemeinen Grundsätze ließen sich auf Testergebnisse in Fachzeitschriften übertragen. Zwar bestünden, anders als zur Werbung mit Testergebnissen der Stiftung Warentest, keine gesonderten Empfehlungen der Zeitschrift "Öko Test" zur Angabe der Fundstelle bei einer werblichen Verwendung ihrer Testergebnisse. Die für die Empfehlung der Stiftung Warentest maßgebenden Gründe gälten jedoch auch hier, da die von der Stiftung Warentest ausdrücklich verlangte Fundstellenangabe sich auch im Hinblick auf die Werbung mit Testergebnissen von Fachzeitschriften zur Gewährleistung der Nachprüfbarkeit des Testaufbaus, seiner Durchführung und der Testergebnisse als erforderlich erweise, um die notwendige Transparenz herzustellen. Der fehlenden Fundstellenangabe sei die nicht ausreichend deutlich lesbare gleichzusetzen.
Auf die Anforderungen an die Lesbarkeit ließen sich die Grundsätze übertragen, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der früheren Fassung des § 4 Abs. 4 HWG aufgestellt worden seien. Lesbarkeit für den normalsichtigen Betrachter ohne besondere Konzentration und Anstrengung sei geboten. Dem genüge der winzige Schriftgrad der angegriffenen Werbungen nicht. Es lägen auch keine Besonderheiten der grafischen Gestaltung vor, die die in der geringen Schriftgröße begründete Lesbarkeitserschwerung ausglichen.
Die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen, sei dadurch beeinträchtigt, was eine informierte Entscheidung des Verbrauchers behindere.
Die Verfügungsbeklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
Sie bringt vor:
Der Verfügungsantrag sei zu unbestimmt. Im Laufe des Rechtsstreits habe die Klägerin zwar klargestellt, dass sich ihr Unterlassungsantrag gegen alle drei Fundstellenangaben in der beanstandeten Werbung richte, aber es bestehe weiterhin ein Bestimmtheitsmangel hinsichtlich der geforderten Mindestgröße einer Fundstellenangabe in Zukunft. Die Lesbarkeit hänge auch nicht nur von der Schriftgröße ab, sondern beispielsweise auch vom Kontrast.
Die daraus resultierenden Unsicherheiten dürften nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden. Dies geschehe aber durch den Verfügungsantrag.
Die Verfügungsklägerin habe ihren Unterlassungsanspruch auf § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützt. Diesen Anspruch habe das Landgericht Tübingen zu Recht verneint. aber zu Unrecht - und wohl auch zur Überraschung der Klägerin - den Tatbestand des § 3 Abs. 2 UWG erfüllt gesehen.
Nach der UWG-Reform 2008 müssten im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 UWG vom Gericht geprüft werden, was das Landgericht schlichtweg unterlassen habe.
Zur Schriftgröße von Fundstellenangaben bzw. Testwerbungen gebe es keine gesetzlichen Vorgaben. Weder die Zeitschrift ÖKOTEST noch die Stiftung Warentest sähen in ihren Regelwerken Vorgaben zur Schriftgröße vor. Der Bundesgerichtshof habe nur zur gänzlich fehlenden Fundstellenangabe entschieden und zu nicht in unmittelbarer Nähe zum zitierten Testergebnis stehenden.
Eine deutliche bzw. gute Lesbarkeit wie z.B. bei Pflichtangaben im Heilmitte...