Leitsatz (amtlich)
Das Versprechen einer Lebensberatung, die sich auf die magischen Kräfte gelegter Karten gründet, ist auf eine im Rechtssinn unmögliche Leistung gerichtet. Ein Honoraranspruch für diese Leistung besteht nicht.
Normenkette
BGB § 275 Abs. 1, § 326 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 09.10.2009; Aktenzeichen 19 O 101/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 9.10.2009 (19 O 101/09) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.723,50 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Zahlung einer Vergütung für Lebensberatung in Verbindung mit Kartenlegen.
Die Klägerin ist als Selbständige mit Gewerbeanmeldung tätig und bietet Lebensberatung (Life Coaching) insbesondere durch Kartenlegen an. Der Beklagte, Geschäftführer einer Marketing-Agentur, hörte auf den Rat von Wahrsagern und Schamanen. In einer durch Beziehungsprobleme ausgelösten Lebenskrise stieß er im September 2007 im Internet auf die Klägerin. In der Folgezeit legte diese dem Beklagten am Telefon in vielen Fällen zu verschiedenen Lebensfragen die Karten und erteilte Ratschläge. Der Beklagte zahlte hierfür im Jahre 2008 mehr als 35.000 EUR. Für im Januar 2009 mehrmals täglich erbrachte Leistungen verlangt die Klägerin mit ihrer Klage 6.723,50 EUR. Sie macht geltend, für das erste Kartenlegen seien 150 EUR und für jedes weitere Kartenlegen 100 EUR vereinbart gewesen. Für Coachings seien 100 EUR für die ersten 30 Minuten und 50 EUR für alle weiteren angefallenen 15 Minuten abgerechnet worden. Sie habe aber auch Rabatte gewährt.
Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin geschuldete Leistung sei objektiv unmöglich. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die geltend macht, ihre Tätigkeit habe sich vom Kartenlegen immer mehr auf allgemeine Lebensberatung verlagert. Auch sei das Kartenlegen und die Deutung der Karten eine mögliche Leistung. Ein bestimmter Erfolg sei weder versprochen noch erwartet worden. Es liege, insbesondere unter Berücksichtigung des Wertewandels, auch kein sittenwidriges Rechtsgeschäft vor.
Die Klägerin beantragt:
Der Beklagte wird unter Abänderung des am 9.10.2009 verkündeten Urteils des LG Stuttgart, Az: 19 O 101/09, verurteilt, an die Klägerin EUR 6.723,50 nebst Zinsen i.H.v. 10 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2009 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Die Klägerin habe darauf hingewiesen, dass von ihr vorhergesagte Dinge auch eintreffen. Außerdem sei ihm versprochen worden, dass er mit Hilfe der Kräfte der Klägerin seine Lebenspartnerin zurückgewinnen oder eine neue Beziehung aufbauen könne.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf das landgerichtliche Urteil sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht ein Vergütungsanspruch für telefonische Beratungen im Januar 2009 nicht zu (§ 611 BGB).
1. Zwischen den Parteien ist zumindest stillschweigend ein Vertragsverhältnis zustande gekommen. Der Beklagte nahm die Tätigkeit der Klägerin in unzähligen Telefonaten in Anspruch und bezahlte deshalb im Jahre 2008 einen hohen Geldbetrag an die Klägerin. Dass jede weitere Tätigkeit, also auch die Beratungen im Januar 2009, nur gegen eine Vergütung erfolgt, ist damit vereinbart.
2. Das Vertragsverhältnis ist als Dienstvertrag ist zu qualifizieren. Die Klägerin hat sich verpflichtet, den Beklagten, gestützt auf Erkenntnisse über die Zukunft, die sie beim Kartenlegen gewinnt, in Lebensfragen zu beraten und ihm durch ihre Kräfte zu helfen. Nicht angenommen werden kann, dass die Klägerin dem Beklagten einen mit ihrer Tätigkeit verbundenen Erfolg (§ 631 BGB) in Form des Eintritts von bestimmten Ereignissen versprochen hat. Sie hat ihm insoweit nur ihre Unterstützung zugesagt.
3. Ein Vergütungsanspruch besteht allerdings nicht, weil die von der Klägerin versprochenen Dienste objektiv unmöglich sind, so dass der Anspruch auf die Gegenleistung entfällt (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB).
a) Objektiv unmöglich ist eine Leistung, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden kann (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 275 Rz. 14). Insbesondere ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass ein Vertrag, in dem sich eine Partei zum Einsatz magischer Kräfte verpflichtet, mit denen Lebensumstände positiv beeinflusst werden sollen - z.B. Partnerschaftsprobleme gelöst werden sollen - auf eine unmögliche Leistung ...