Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung
Leitsatz (amtlich)
Die Verfügungsbeschränkung des § 2 II 4 BetrAVG hindert eine Pfändung der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag nicht, soweit sie wegen des gesetzlichen Anspruchs der Ehefrau auf Unterhalt und Zugewinnausgleich erfolgt.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 2 S. 4; ZPO § 851
Beteiligte
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 29.11.1999; Aktenzeichen 22 O 127/99) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin der 22. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 29.11.1999 wird
zurückgewiesen,
mit der Maßgabe, daß der Urteilsausspruch in Ziff. 1 wie folgt neu gefaßt wird:
Es wird festgestellt, daß der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Kirchheim/Teck vom 30.11.1998 – 1 M 2412/98 – bezüglich der zwischen der Beklagten und Herrn Jürgen … abgeschlossenen Lebensversicherungsverträge Nr. 263007535 und 263007536 rechtswirksam ist.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 10.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Beklagten: |
bis DM 100.000,00. |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer zugunsten der Klägerin erfolgten und die Beklagte als Drittschuldnerin betreffenden Forderungspfändung.
Der Klägerin stehen aufgrund gerichtlicher Vergleiche gegen ihren früheren Ehemann Jürgen … Ansprüche auf monatliche Unterhaltszahlungen und Zugewinnausgleich zu. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht Kirchheim/Teck am 30.11.1998 wegen Zahlungsrückständen in Höhe von damals DM 73.603,46 (mittlerweile mindestens DM 100.000,00) die (künftig fällig werdenden) Ansprüche des Schuldners aus zwei bei der Beklagten abgeschlossenen Lebensversicherungen gepfändet. Bei diesen Lebensversicherungsverträgen handelt es sich um eine ehemalige Direktversicherung gem. § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG), die nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers von ihm beitragsfrei weitergeführt worden war. Die Beklagte hat sich in ihrer Drittschuldnererklärung gegen die Wirksamkeit dieser Pfändung gewandt mit Hinweis auf das in § 2 Abs. 2 S. 4 dieser Bestimmung enthaltene Verbot der Abtretung und Beleihung. Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß es sich bei den gepfändeten Ansprüchen nur um die vom Arbeitgeber finanzierten und nicht (auch) die auf Eigenbeiträgen des Arbeitnehmers beruhenden Versicherungsansprüche handelt.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis richtig ist.
1.
Der Klageantrag ist in der nun neu formulierten, das klägerische Begehren lediglich klarstellenden Fassung zulässig, insbesondere besteht ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 ZPO an alsbaldiger gerichtlicher Entscheidung der Frage, ob die von der Beklagten beanstandete Pfändung wirksam ist. Das Bestehen eines solchen Feststellungsinteresses wird ersichtlich auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
2.
Der Feststellungsantrag ist auch begründet
Zwar kann dies nicht mit der der erstinstanzlichen Entscheidung zugrundeliegenden Argumentation bejaht werden. Denn nach einhelliger, vom Landgericht selbst angesprochener Auffassung sind Ansprüche aus einem bereits bestehenden Versicherungsverhältnis bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls pfändbar und entfaltet eine solche Pfändung damit aber auch – ansonsten wäre eine solche Pfändung inhaltsleer – Rechtswirkungen gerade auch im Hinblick auf die Frage der Auswirkung nachfolgender Verfügungen des Schuldners selbst oder anderweitiger Vollstreckungsakte, gleichgültig, ob man einen solchen Anspruch aus einem bereits bestehenden Versicherungsverhältnis als – wie das Landgericht – künftigen oder ob man ihn als (nur) noch nicht fälligen Anspruch ansieht. Die Frage, ob Sinn und Zweck der Verfügungsbeschränkung in § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG in Verbindung mit § 851 ZPO eine nachteilige Beeinträchtigung der Rechtsposition des Arbeitnehmers durch eine solche Pfändung verhindern will, stellt sich daher in der Phase vor der Anspruchsfälligkeit nicht anders und kann daher nicht mit dem Argument umgangen werden, die Pfändung werde erst mit Fälligkeit der Versicherungsforderung wirksam.
3.
Der Beklagten ist auch dahin Recht zu geben, daß eine derartige Verfügungsbeschränkung grundsätzlich im Zusammenspiel mit § 851 Abs. 1 ZPO zur Unpfändbarkeit führt. Denn der § 2 Abs. 2 S. 4 BetrAVG zugrundeliegende Zweck, den Arbeitnehmer daran zu hindern, diese Versorgungsanwartschaft zu liquidieren und für eine anderweitige (aktuelle) Bedürfnisbefriedigung zu nutzen, fordert nicht nur das Verbot, eine solche Befriedigung durch Übertragung bzw. Beleihung und somit Verlust des Bezugsrechts zu ermöglichen, sondern auch, daß ein solcher Verlust nicht durc...