Leitsatz (amtlich)
Verpackungsmangel im Sammelladungsverkehr: Das Frachtgut ist so zu verpacken, dass eine Be- und Entladung gefahrlos möglich ist. Ein vorsatzgleiches Verschulden liegt vor, wenn der Verpackungsmangel für den Frachtführer bzw. dessen Leute oder Erfüllungsgehilfe evident gewesen ist mit der Folge, dass die Auftragsgeberin (Absenderin) hierauf hätte hingewiesen werden müssen.
Normenkette
HGB §§ 254, 412 Abs. 1 S. 1, § 425 Abs. 2, § 435
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 09.07.2010; Aktenzeichen 21 O 162/08 KfH) |
Tenor
1. Die Berufung der Streithelferin gegen das Urteil der Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Heilbronn vom 9.7.2010 - 21 O 162/08 KfH wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens und der Nebenintervention trägt die Streithelferin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 3.357,49 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt aus übergegangenem und abgetretenem Recht Schadensersatz von der Beklagten wegen eines Transportschadens.
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Firma Z GmbH, S (im Folgenden: Versicherungsnehmerin), beauftragte die Beklagte zu fixen Kosten mit dem Transport einer Maschine (Streuaggregat mit Schaltschrank, Rohgewicht 1.020 kg) im August 2007 von R zu ihrem Firmensitz nach S. Das Sendungsgut wurde vom Subunternehmer der Frachtführerin, der Firma Y GmbH & Co KG, der Rechtsvorgängerin der Streithelferin, am 21.8.2007 übernommen und am 22.8.2007 bei der Versicherungsnehmerin angeliefert. Zu den Maßen des Packstücks tragen die Parteien unterschiedlich vor. Während die Klägerin die Maße mit 320 × 160 × 200 cm (Länge × Breite × Höhe) angegeben hat, geht die Beklagte von 400 × 80 × 120 cm aus.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des LG, den Anträgen sowie dem Vorbringen der Parteien in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 9.7.2010 Bezug genommen.
Mit diesem Urteil hat das LG nach Einholung eines mündlichen Gutachtens beim Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) X der auf Zahlung von 6.714,99 EUR nebst Zinsen gerichteten Klage zur Hälfte stattgegeben. Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei anzunehmen, dass die Palette, auf der sich die Sendung befunden habe, beim Be- bzw. Entladen vom Gabelstapler seitlich abgerutscht sei (vgl. Anlage K 5). Das Frachtgut sei unstreitig im Speditionssammelverkehr transportiert worden. Dabei werde grundsätzlich der Be- bzw. Entladevorgang über die hintere Öffnung des Lkws durchgeführt. Daher müsse das Packstück schmaler sein als das Innenmaß des Lkws mit 3,20 m. Das streitgegenständliche Ladegut habe wegen seiner Maße nur von der Seite aus verladen werden können. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin habe nicht für eine sammelguttaugliche Verpackung des Frachtguts Sorge getragen. Wie aus den vom Sachverständigen vorgelegten Fotos zu entnehmen sei, habe das Ladegut rechts und links über die Längsbalken der Palette hinausgeragt. Darin sei ein gravierender, ins Auge springender Verpackungsmangel zu erblicken. Weil der Verpackungsmangel offensichtlich gewesen sei, treffe die Beklagte ein Mitverschulden gem. § 254 Abs. 2 BGB. Diese habe bei einem Transport eines solch sperrigen Guts im Sammelladungsverkehr, welches rechts und links über die Längsbalken der Palette hinausreiche, die Versicherungsnehmerin vor der Durchführung des Transports hierauf aufmerksam machen müssen. Sowohl bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin als auch bei der Beklagten liege ein qualifiziertes Verschulden vor. Die Mitverantwortung beider Seiten für den eingetretenen Schaden sei gleich hoch zu bewerten. Von der Klägerin sei durch das Privatgutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) X ein Schaden i.H.v. 6.416,29 EUR nachgewiesen worden, zusätzlich seien Sachverständigenkosten i.H.v. 298,70 EUR grundsätzlich erstattungsfähig. Daher belaufe sich der Gesamtschaden auf insgesamt 6.714,99 EUR, von dem die Beklagte die Hälfte auszugleichen habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Streithelferin der Beklagten, die nach wie vor die Abweisung der Klage erstrebt. Sie macht im Wesentlichen geltend, das LG habe zutreffend das Vorliegen eines Verpackungsmangels erkannt, der vom Sachverständigen bestätigt worden sei. Dieser liege darin begründet, dass die Verpackung des Packstücks für einen mehrmaligen speditionellen Umschlag im Sammelladungsverkehr nicht geeignet gewesen sei. Das Frachtgut sei auf eine Sonderpalette gesetzt worden, deren Querbalken über die Breite des Sendungsgutes hinausgeragt hätten. Die Unterkonstruktion habe bedingt, dass das Packstück nur habe seitlich unterfahren werden können. Ein so verpacktes Gut müsse grundsätzlich per Gabelstapler seitlich auf den Lkw geladen bzw. entladen werden. Eine Platzierung quer auf dem Lkw sei nicht möglich, da die Breite des Lkws nur 2,50 m betrage. Zwar sei die Verpackung für eine Versendung im Direkttran...