Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 23.11.1999; Aktenzeichen 2 O 122/1999) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 23.11.99 – 2 O 122/99 – wird
zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 10.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Wert der Berufung und Beschwer der Klägerin |
80.000,00 DM. |
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Unfall, der sich bei der tierärztlichen Behandlung eines Pferdes durch den Beklagten auf dem landwirtschaftlichen Anwesen ihres Ehemanns ereignet hat.
Das in B.-E. gelegene Anwesen („Sch.hof”) umfaßt landwirtschaftlich genutzte Flächen und einen Reitstall. Auf dem Hof befinden sich etwa 20 Reitpferde und 4 Nutzpferde, die zum Teil dem Ehemann der Klägerin gehören, überwiegend aber von dritten Personen bei ihm eingestellt werden. Der Ehemann war bei der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft W. – gesetzliche Unfallversicherung – Mitglied und führte Beiträge ab. Die Klägerin arbeitete im Betrieb ihres Ehemannes in den Bereichen „Haushalt, Pferde und Landwirtschaft” mit.
Der Beklagte ist Tierarzt und betreibt eine „Fahrpraxis”. Er war als Mitglied der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege ebenfalls gesetzlich unfallversichert.
Der Ehemann der Klägerin hatte den Beklagten am 27.06.98 gerufen. Der Beklagte führte u.a. bei der Stute „Copper” des Ehemannes der Klägerin eine Trächtigkeitsuntersuchung durch. Diese fand auf dem Sattelplatz statt. Das Pferd stand vor der etwa 8 m langen Anbindestange, die etwa bis Hüfthöhe reicht. Zunächst wurde das Tier von einer nicht zum Hof gehörenden Person betreut, die auf Anordnung des Beklagten einen „Spannstrick” hielt. Mit diesem wurde zum Schutz des behandelnden Tierarztes die linke Hinterhand des Pferdes „ausgebunden”. Hierbei wird eine Schlaufe um die Fessel geschlungen, das Seil nach vorne um den Hals geführt und durch Verdrehen fixiert; läßt die haltende Person das Seil los, wird die Hinterhand frei. Der Ehemann der Klägerin unterstüzte die Untersuchung, indem er den Monitor des Ultraschallgerätes hielt. Bei der Untersuchung führte der Beklagte eine Sonde mit der Hand in den Mastdarm des Tieres ein. Dabei konnte er feststellen, daß bei der Stute eine Zwillingsträchtigkeit vorlag. Die Stute verhielt sich ruhig und geduldig.
Nach einer Unterbrechung kam man überein, daß der Beklagte versuchen solle, eine der beiden Schwangerschaften zu beenden. Dazu sollte der Beklagte erneut mit dem Ultraschallgerät in den Mastdarm der Stute eingehen und durch Reiben eine der Fruchtblasen zum Platzen zu bringen. Hierbei wurde erneut das linke Hinterbein des Pferdes mit dem Spannstrick fixiert, der nunmehr von der Klägerin gehalten wurde. Sie stand dabei links neben dem Kopf der Stute. Der Ehemann der Klägerin hielt wie bei der vorhergehenden Untersuchung den Monitor des Ultraschallgerätes, während der Beklagte seinen rechten Arm mit der Ultraschallsonde in den Mastdarm einführte. Unter Sicht auf den Monitor versuchte er, durch sachtes Massieren die beiden Fruchtblasen voneinander zu trennen. Die Stute, die sich zunächst ruhig verhalten hatte, „setzte” sich aber plötzlich nach hinten ab und bewegte sich aus dieser Position rasch nach vorne, wodurch die Klägerin gegen die eiserne Anbindestange gedrückt wurde und sich schwere Verletzungen, u.a. 20 Rippenbrüche und eine Lungenquetschung zuzog.
Aufgrund einer Embolie kam es zu einer schweren Hirnschädigung. Die Klägerin befindet sich im Wachkoma. Eine Besserung ihres Gesundheitszustandes ist fraglich.
Der Ehemann der Klägerin hat diesen Unfall der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft S. am 05.07.98 mitgeteilt. Der Unfall wurde von ihr am 15.04.99 als Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII anerkannt (vgl. Bescheid Bl. 89 der Akten). Sie sorgt für die stationäre und ambulante Behandlung und stellt eine Betriebs- und Haushaltshilfe. Ferner wird eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezahlt. Mit der Klage wird der Ersatz darüber hinausgehender Schäden angestrebt.
Die Klägerin ist der Auffassung, der Beklagte habe fahrlässig schuldhaft ihre Verletzungen verursacht. Er hätte die Untersuchung entweder in anderer Form durchführen oder sie während der Behandlung aus dem Gefahrenbereich weisen müssen. Der Haftungsausschluß gemäß §§ 104, 106 Abs. 3 SGB VII greife vorliegend nicht ein. Weder sei von einer gemeinsamen Betriebsstätte auszugehen noch sei die Klägerin in den Betrieb des Beklagten integriert gewesen.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, daß der Beklagte der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 27.6.1998 zu ersetzen hat, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, daß ihm ein tierärztliches Fehlverh...