Leitsatz (amtlich)

Die inhaltliche Richtigkeit der Eintragung eines Betriebsleiters wird im Rahmen von § 271 StGB nicht vom besonderen öffentlichen Glauben umfasst. (Bestätigung von BayObLG NJW 1971, 634)

 

Normenkette

StGB § 271; HandwO § 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Entscheidung vom 05.12.2011; Aktenzeichen 33 Cs 184 Js 78910/10)

StA Stuttgart (Aktenzeichen 184 Js 78910/10)

 

Tenor

Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom 05. Dezember 2011 wird als unbegründet

v e r w o r f e n .

Die Kosten des Revisionsverfahrens sowie die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I. 1. Im Strafbefehl vom 05. Mai 2011 war dem Angeklagten folgendes zur Last gelegt worden:

Der Angeklagte ist Inhaber der Firma ..... und besitzt selbst nicht die persönlichen Voraussetzungen zur Eintragung in die Handwerksrolle als Stuckateur.

Am 27. August 2007 meldete er bei der Handwerkskammer Region ..... (damals Mit-) Angeklagten ..... als Betriebsleiter an, um seine Eintragung in die Handwerksrolle für das zulassungspflichtige Stuckateurhandwerk zu erreichen. Dazu legte er einen mit dem Angeklagten ..... geschlossenen Arbeitsvertrag vom 27. August 2007 vor, wonach dieser als Betriebsleiter für 20 Stunden pro Woche und 1.000,-- € brutto bei dem Angeklagten ..... beschäftigt ist. Aufgrund der Angaben, dass der Angeklagte ..... als Betriebsleiter bei dem Angeklagten ..... beschäftigt ist, wurde der Angeklagte ..... mit dem ..... als Betriebsleiter in die Handwerksrolle eingetragen. Tatsächlich wurde der Angeklagte ..... niemals als Betriebsleiter für den Angeklagten ..... tätig, sondern arbeitete als Aushilfe auf 400,-- € Basis für den . Dies alles wussten die Angeklagten. Sie handelten aufgrund gemeinsamen Tatenschlusses im bewussten und gewollten Zusammenwirken.

Der Angeklagte wurde daher der mittelbaren Falschbeurkundung gem. §§ 271 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB beschuldigt.

2. Auf rechtzeitigen Einspruch des Angeklagten sprach das Amtsgericht den Angeklagten unter Zugrundelegung des Sachverhaltes des Strafbefehls am 05. Dezember 2011 aus rechtlichen Gründen frei. Es sah keine Strafbarkeit nach § 271 Abs. 1 StGB. Die Handwerksrolle besitze keinen öffentlichen Glauben zum Beweis für und gegen jedermann über die Berechtigung, ein bestimmtes Handwerk ausüben zu dürfen. Eine Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 Handwerksordnung (HandwO) scheide wegen Verjährung aus.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer rechtzeitig eingelegten und ausführlich begründeten Sprungrevision. Sie rügt die Verletzung sachlichen Rechts und legt dar, weswegen entgegen dem Bayrischen Obersten Landesgericht (NJW 1971, 634) die Handwerksrolle zu öffentlichem Glauben im Sinne von § 271 StGB bekunde, dass der Betriebsinhaber das zulassungspflichtige Handwerk mit dem benannten Betriebsleiter als stehendes Gewerbe tatsächlich betreibe. Die Generalstaatsanwaltschaft tritt der Revision bei.

II. Die Revision hat keinen Erfolg. Entgegen der Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft ist der Tatbestand des § 271 Abs. 1 StGB nicht erfüllt.

1. Die Handwerksrolle ist ein Verzeichnis, in welches die Handwerkskammern die Inhaber von Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke ihres Bezirks nach Maßgabe der Anlage D Abschnitt I zur HandwO mit dem von ihnen zu betreibenden Handwerk oder bei der Ausübung mehrerer Handwerke mit diesen Handwerken einzutragen haben (§ 6 Abs. 1 HandwO). Bei Nachweis eines berechtigten Interesses darf im Wege einer Einzelauskunft jedermann Einsicht in die Handwerksrolle nehmen (§ 6 Abs. 2 S.1 HandwO). Sie ist ein öffentliches Register (BVerwGE 34, 56).

Voraussetzung für eine Strafbarkeit nach § 271 StGB ist allerdings, dass die Tatsache, die trotz inhaltlicher Unrichtigkeit beurkundet wird, sich auf einen Punkt bezieht, hinsichtlich dessen die öffentliche Urkunde bzw. das öffentliche Register Beweis für und gegen jedermann zu erbringen bestimmt ist, d.h. eine "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann" (BGH NJW 1968, 2153) aufweist. Die Beweiskraft eines öffentlichen Registers muss sich nicht stets auf dessen gesamten Inhalt erstrecken (Fischer, StGB, 59. Auflage, § 271 Rn. 9 m. w. N.). Die konkrete Reichweite der Beweiskraft eines öffentliches Registers ist vielmehr im Einzelfall jeweils festzustellen (BGHSt 22, 203).

2. Dieser besondere öffentliche Glaube, d. h. die "volle Beweiswirkung für und gegen jedermann", kommt der Handwerksrolle zumindest im Punkt der Eintragung des Betriebsleiters hinsichtlich dessen inhaltlicher Richtigkeit nicht zu (so BayObLG NJW 1971, 634; ihm folgend: Fischer aaO.; LK- Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 271 Rn. 64; a. A. AG Fürstenfeldbruck, GewArch 1983, 227; AG Winsen, Ge-wArch 1985, 20; Honig, Handwerksordnung, 4. Auflage, § 6 Rn. 5; Erbs/Kohlhaas-Ambs, Strafrechtliche Nebengesetze, HandwO, Stand Mai 2008, § 6 Rn.1). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Revision zitierten Urteil des OVG...

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