Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 20.12.2018; Aktenzeichen 12 O 228/18) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 20.12.2018 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 33.782 EUR
Gründe
I. Der Kläger begehrt nach mit Schreiben vom 29.08.2017 erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines teilweise durch ein Verbraucherdarlehen der beklagten Bank vom 13.08.2014 finanzierten PKW-Kaufs.
Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, der unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, er habe den Darlehensvertrag im Jahr 2017 noch widerrufen können, weil die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz:
Unter Abänderung des am 20.12.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az.: 12 O 228/18, wird wie folgt erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 33.782,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe und Übereignung des Fahrzeugs XY mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...2 nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziffer 1 genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 725,54 EUR freizustellen.
In Bezug auf den ursprünglichen Klageantrag, festzustellen, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag kein Anspruch mehr auf Zins und Tilgung zusteht - wird die Hauptsache für erledigt erklärt.
Zudem:
Die Hilfswiderklage wird abgewiesen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise für den Fall des vollständigen oder teilweisen Obsiegens des Klägers,
festzustellen, dass der Kläger verpflichtet ist, an die Beklagte Wertersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Verkehrswert des Kraftfahrzeugs XY, Fahrzeugidentifikationsnummer ...2, zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger und dem Verkehrswert des vorbezeichneten Kraftfahrzeugs zum Zeitpunkt der Herausgabe an die Beklagte im Rahmen der Rückabwicklung (Wertverlust) zu zahlen.
Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II. Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet, weil bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. Die dagegen mit der Berufung vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
I. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 13.08.2014 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.
I. Dem Kläger stand bei Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrages ein Widerrufsrecht zu, §§ 495 Abs. 1, 355 BGB. Dieses Widerrufsrecht war jedoch bei Erklärung des Widerrufs verfristet. Denn dem Kläger wurde bei Vertragsschluss eine für ihn bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt (a)) und die dem Kläger zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (b)). Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit dem Vertragsschluss an.
a) Dem Kläger wurde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt, auch wenn die ihm überlassene Urkunde nicht von beiden Vertragsparteien unterschrieben war.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Lauf der Widerrufsfrist nur voraus, dass der Verbraucher ein Exemplar des Vertragsformulars erhält, das nach Unterschriftsleistung des Verbrauchers die Vertragserklärung dokumentiert. Dass gerade das dem Verbraucher überlassene Exemplar seine Unterschrift trägt, ist dazu nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - XI ZR 160/17 -, Rn. 30, juris). Soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung ergangen ist, entspricht der Wortlaut von § 356b Abs. 1 BGB in de...