Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung einer Halbwaisenrente bei dem Barunterhaltsbedarf eines minderjährigen Kindes
Leitsatz (amtlich)
Ein Halbwaisenrente beziehendes minderjähriges Kind hat ggü. dem nicht betreuenden Elternteil einen Barunterhaltsbedarf in Höhe des einfachen Tabellenbetrags nach der Düsseldorfer Tabelle zzgl. konkreter Betreuungskosten. Auf den Tabellenbetrag ist die Halbwaisenrente hälftig anzurechnen.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603, 1610, 1612b Abs. 5
Verfahrensgang
AG Ludwigsburg (Urteil vom 15.10.2004; Aktenzeichen 2 F 622/04) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG - FamG - Ludwigsburg - 2 F 622/04 - vom 15.10.2004 abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den in der Urkunde des Landratsamts ... - Beurk. Reg. Nr. ... - vom 8.6.2004 anerkannten Betrag von 141,98 EUR hinaus weitere 82,51 EUR zu bezahlen, fällig jeweils monatlich im voraus zum 1. eines jedes Monats, beginnend mit dem 1.5.2005.
2. Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger einen Unterhaltsrückstand für den Zeitraum von März 2004 bis April 2005 i.H.v. 1.155,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 82,51 EUR seit 1.3.2004, 1.4.2004 usw. zu bezahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen haben zu 4/5 der Kläger und zu 1/5 der Beklagte zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert der Berufungsverfahrens:
1. Laufender Unterhalt:
12 × 449 EUR = 5.388,00 EUR
2. Rückstände 921,00 EUR
zusammen 6.309,00 EUR
Gründe
I. Der minderjährige Kläger ist der Sohn des Beklagten aus dessen geschiedener Ehe mit der zwischenzeitlich verstorbenen Mutter des Klägers. Der Kläger lebt bei dem zweiten Ehemann seiner Mutter, welcher nach deren Tod zum Vormund des Klägers bestellt wurde. Der Kläger bezieht eine Halbwaisenrente i.H.v. derzeit monatlich 165,02 EUR. Das staatliche Kindergeld von 154 EUR monatlich wird an den Vormund des Klägers bezahlt. Der Beklagte bezahlt seit Dezember 2003 einen monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 141,98 EUR an den Kläger. Über diesen Betrag ließ er im Prozesskostenhilfeverfahren am 8.6.2004 beim Jugendamt einen vollstreckbaren Unterhaltstitel erstellen.
Der Kläger ist der Meinung, der Beklagte schulde ihm Unterhalt in Höhe des doppelten Satzes der Düsseldorfer Tabelle von 135 % des Regelbetrags der 3. Altersstufe, mithin 2 × 384 EUR = 768 EUR. Nach Abzug des vollen Kindergeldes und der gesamten Halbwaisenrente des Klägers seien noch 449 EUR monatlich zu zahlen.
Das AG hat die Klage in Höhe des titulierten Betrags von monatlich 141,98 EUR als unzulässig, im Übrigen als unbegründet abgewiesen.
Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit welcher er beantragt, das Urteil des AG - FamG - Ludwigsburg vom 15.10.2004, Az.: 2 F 622/04, zugestellt am 25.10.2004 wird abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, Kindesunterhalt an den Kläger i.H.v. monatlich 449 EUR zu bezahlen, fällig jeweils monatlich im voraus zum 1. eines jeden Monats beginnend mit dem 1.5.2004, hilfsweise:
Der Beklagte hat an den Kläger über den in der Urkunde des Landratsamts ... vom 8.6.2004 - Beurk. Reg. Nr. ... titulierten Betrag von 148,98 EUR weitere 307,20 EUR zu bezahlen, fällig jeweils monatlich im voraus zum 1. eines jeden Monats, beginnend mit dem 1.5.2004.
Weiter beantragt der Kläger:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Unterhaltsrückstand i.H.v. 921 EUR zu bezahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 307 EUR seit 1.3.2004, aus weiteren 307 EUR seit 1.4.2004 und aus weiteren 307 EUR seit 1.5.2004.
Der Kläger wiederholt im wesentlichen seine erstinstanzliche Rechtsansicht und wendet sich gegen die Auffassung des FamG, wonach nur der einfache Tabellenbetrag abzgl. der vollen Halbwaisenrente und des hälftigen Kindergeldes geschuldet sei.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.
II. 1. Die Berufung des Klägers ist nach der bereits bewilligten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zulässig, aber nur im Hilfsantrag teilweise begründet.
2. Soweit der Beklagte im Laufe des Verfahrens einen Titel in Form der Jugendamtsurkunde vom 8.6.2004 über monatlich 141,98 EUR ab 1.7.2004 geschaffen hat, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Insoweit folgt der Senat dem angefochtenen Urteil.
3. Richtig ist das angefochtene Urteil auch insoweit, als nur der einfache Tabellensatz mit monatlich 384 EUR (unstreitig 135 % des Regelbetrags) als Kindesunterhalt geschuldet wird. Der Senat hält insoweit an seiner bislang vertretenen Ansicht (OLG Stuttgart v. 29.9.2000 - 1...