Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 17.10.2014) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 17.10.2014 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 64.670,64 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 29.10.2013 sowie weitere 2.243,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 8.4.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen hat die Beklagte zu tragen.
4. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil im Umfang der Zurückweisung der Berufung sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 64.670,64 EUR
Gründe
I. Die Parteien streiten, ob die Beklagte nach Widerruf dreier im Jahr 2004 geschlossener Darlehensverträge die Entschädigungszahlungen der Kläger erstatten muss, die diese im Zuge einer Aufhebungsvereinbarung 2012 an die Beklagte geleistet haben.
1. Die Kläger erwarben im Jahr 1993 eine Immobilie mit 12 Mieteinheiten. Den Kaufpreis finanzierten sie mit einem Kredit der Bayerischen Hypothekenbank. Zur gemeinsamen Vermietung und Verwaltung der Immobilie gründeten die Kläger am 4.2.1994 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
Zur Ablösung des Kredits bei der Bayerischen Hypothekenbank schlossen die Kläger mit der Beklagten im Frühjahr 2004 drei Darlehensverträge über Kreditbeträge in Höhe von insgesamt 997.000,00 EUR. Die Darlehen waren jeweils durch Grundschulden gesichert.
Im Jahr 2012 wandten sich die Kläger an die Beklagte, da sie die Immobilie veräußern wollten. Die Beklagte bot den Kläger mit Schreiben vom 13.4.2012 die Aufhebung der Kreditverträge gegen Zahlung eines Aufhebungsentgelts an. Die Kläger nahmen dieses Angebot an und zahlten an die Beklagte als Entgelt 64.670,64 EUR.
Vertreten durch ihren Rechtsanwalt erklärten die Kläger am 9.10.2013 den Widerruf ihrer auf den Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.
Mit ihrer Klage verlangen sie die Erstattung des Aufhebungsentgelts sowie Wertersatz für daraus gezogene Nutzungen in Höhe von 4.561,51 EUR. Sie machen geltend, der Widerruf sei im Jahr 2013 noch möglich gewesen, da sie bei Abschluss der Verträge nicht ordnungsgemäß belehrt worden seien.
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des LG Bezug genommen.
2. Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kläger hätten die Darlehensverträge wirksam widerrufen. Es habe sich jeweils um Verbraucherdarlehen gehandelt, da die Kredite der privaten Vermögensverwaltung gedient hätten und die Kläger deshalb als Verbraucher anzusehen seien. Der Widerruf sei nicht verspätet, da die erteilten Widerrufsbelehrungen nicht ordnungsgemäß gewesen seien. Zu beanstanden sei der Hinweis, dass die Widerrufsfrist "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" beginne. Die Beklagte könne sich auch nicht auf die Schutzwirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB InfoV berufen, da sie das Belehrungsmuster nicht unverändert übernommen habe. Der Umstand, dass die Parteien die Darlehensverträge einvernehmlich aufgehoben hätten, stehe dem Widerruf nicht entgegen. Die Kläger hätten ihr Widerrufsrecht auch nicht verwirkt.
Neben der Erstattung des Aufhebungsentgeltes schulde die Beklagte die Herausgabe gezogener Nutzungen, wobei zu vermuten sei, dass deren Wert einer Verzinsung mit dem üblichen Verzugszins in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz entspreche.
3. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Zur Begründung bringt sie vor, das LG habe den Widerruf der Kläger zu Unrecht für wirksam erachtet. Die Kläger hätten nicht als Verbraucher gehandelt. Der Erwerb eines größeren, mit erheblichem Aufwand sanierten Wohn- und Geschäftshauses, über dessen Verwaltung ein detaillierter Gesellschaftsvertrag geschlossen sei und bei dem der Einzelverkauf der Wohnungen und der gewerblichen Einheiten zumindest eine Option gewesen sei, müsse mit Blick auf die Rechtsprechung des EuGH, wonach der Verbraucherbegriff eng auszulegen sei, dem gewerblichen Bereich zugeordnet werden. Der ständigen Rechtsprechung, wonach die Belehrung, die Widerrufsfrist beginne frühestens mit Erhalt der Belehrung, fehlerhaft sei, könne nicht gefolgt werden. In jedem Fall greife aber die Schutzwirkung gemäß § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ein. Den eigentlichen Belehrungstext habe sie unverändert übernommen. Soweit geringfügige Änderungen bei den Widerrufsfolgen vorlägen, sei dies schon deshalb...