Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufungssache. Konkursanfechtung
Leitsatz (amtlich)
1. Die unentgeltliche Verfügung des Gemeinschuldners kann auch in der Erfüllung oder Übernahme einer fremden Schuld liegen. In diesen Fällen ist eine unentgeltliche Zuwendung gegeben, wenn der Gemeinschuldner eine der beiden genannten Rechtshandlungen vornimmt, ohne dem Schuldner, dem Gläubiger oder einem Dritten hierzu verpflichtet zu sein und wenn der Gemeinschuldner weder die Forderung des Gläubigers, noch einen Abtretungsanspruch hierauf, noch sonst ein Entgelt erwirbt.
2. Voraussetzungen eines Rückgewähranspruches des Gemeinschuldners gegen die Bank des Empfängers einer Geldzahlung, dessen Girokonto im Soll geführt wird.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 4 KfH O 115/99) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 20.03.2000
geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der S. Universalbau GmbH & Co. 100.000,– DM nebst 5 % Zinsen seit 01.11.1998 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 135.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten: |
je 100.000,– DM. |
Tatbestand
Der Kläger macht im Wege der Konkursanfechtung die Rückgewähr von 100.000,– DM geltend.
Der Kläger ist Konkursverwalter (Anl. K 1) über das Vermögen der S. Universalbau GmbH & Co. (fortan: Gemeinschuldnerin). Der Konkursantrag wurde am 24.08.1998 gestellt, das Konkursverfahren am 01.10.1998 eröffnet.
Die Gemeinschuldnerin gehörte zusammen mit der S. GmbH & Co. zu einer Gruppe von Firmen, die teilweise dieselbe Geschäftsführung, teilweise dieselben Kommanditisten oder Gesellschafter der Komplementärgesellschaften hatten. Kommanditisten der Gemeinschuldnerin sind R. S. und dessen Söhne D., R. und J. S. (Anl. BK 8). Komplementärin der Gemeinschuldnerin ist die S. Universalbau Verwaltungs-GmbH mit ihren Gesellschaftern D., R. und J. S. (Anl. BK 9) und dem Geschäftsführer D. S. (Anl. BK 10). Kommanditisten der S. GmbH & Co. waren wiederum R., D., R. und J. S. (Anl. BK 11). Komplementärin dieser Firma war die S. GmbH (Anl. BK 12) mit den Gesellschaftern R., D., R. und J. S. und dem alleinigen Geschäftsführer R. S. (Anl. BK 13).
Zwischen der Beklagten und der S. GmbH & Co. bestand eine Geschäftsverbindung, nicht aber zwischen der Beklagten und der Gemeinschuldnerin.
Am 19.08.1998 fand zwischen der S. GmbH & Co. und deren Gläubigerbanken, zu denen auch die Beklagte gehörte, eine Besprechung statt. Die Beklagte teilte der S. GmbH & Co. noch am Abend des 19.08.1998 mit, daß sie keine Verfügungen über deren Konten mehr zulasse. Gleichzeitig kündigte sie die Kündigung sämtlicher Kredite an. Mit Schreiben vom 20.08.1998 (Anl. K 2) wurde die Kündigung schriftlich ausgesprochen.
Die Gemeinschuldnerin veranlaßte am 19.08.1998 eine Blitzüberweisung i.H.v. 100.000,– DM auf das Konto Nr. 727670000 der S. GmbH & Co. bei der Beklagten. Die Gutschrift erfolgte am selben Tag (Anl. K 3).
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Rückgewähr dieses Betrages.
Der Kläger hat im wesentlichen vorgetragen, die Gemeinschuldnerin habe mit der Blitzüberweisung Schulden der S. GmbH & Co. bei der Beklagten tilgen wollen. Die Gemeinschuldnerin habe dieser Firma nämlich nichts geschuldet. Die Überweisung sei allein der Beklagten zugute gekommen, weil sie mit Gutschrift des Betrages auf dem Konto der S. GmbH & Co. eine Forderung in gleicher Höhe aufgegeben habe. Diese sei wertlos gewesen, weil die Beklagte im Konkurs der S. GmbH & Co. mit einem 100.000,– DM übersteigenden Betrag ausfalle.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger als Konkursverwalter über das Vermögen der S. Universalbau GmbH & Co. 100.000,– DM nebst 5 % Zinsen seit 01.11.1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat im wesentlichen vorgetragen, das Konto der S. GmbH & Co. sei beim Eingang des Betrages noch offen gewesen. Sämtliche Kreditlinien der S. GmbH & Co. seien bis 19.08.1998 nicht überschritten worden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Zuwendung eines Betrages von 100.000,– DM für die Beklagte nicht unentgeltlich gewesen sei. Auf das angefochtene Urteil wird Bezug genommen.
Der Kläger hat gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten am 23.03.2000 zugestellte Urteil mit einem am 25.04.2000 (Dienstag nach Ostern) beim Oberlandesgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz Berufung eingelegt, die er am 23.06.2000 mit einer Begründung versehen hat, nachdem die Frist zur Berufungsbegründung auf 26.06.2000 verlängert worden war.
Der Kläger trägt im wesentlichen vor, im Zeitpunkt der Überweisung habe die S. GmbH & Co. gegenüber der Gemeinschuldnerin keine Forderungen gehabt. Dage...