Entscheidungsstichwort (Thema)
Risikoverteilung bei vom Auftraggeber vorgeschriebenen Baustoff
Normenkette
BGB §§ 254, 633; VOB/B § 4 Nr. 3, § 13
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 21.12.2006) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Schlussurteil der Einzelrichterin der 25. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 21.12.2006 wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 567 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.8.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 78 %, die Beklagte 22 %, von den Kosten in zweiter Instanz die Klägerin 33 %, die Beklagte 67 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert II. Instanz: 850 EUR
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch überwiegend unbegründet.
A. Die Klägerin beauftragte die Beklagte mit Schreiben vom 22.2.2002 (K 1) auf der Grundlage des Verhandlungsprotokolls vom 14.12.2001 (K 2) mit der Errichtung eines Stahl-Glas-Daches und einer Stahl-Glas-Fassade. In der Leistungsbeschreibung (Pos. 392.1.204; K 1) war vorgegeben, dass hierfür ESG-Glasscheiben zu verwenden seien. Nach Abnahme kam es zu Spontanbrüchen verschiedener von der Beklagten eingebauter ESG-Scheiben. Hierauf beauftragte die Auftraggeberin der Klägerin, die F. Grundstücks-Vermietungsgesellschaft mbH, den Privatgutachter Dr.-Ing. K. mit der Feststellung der Ursachen, wofür dieser Kosten von 850 EUR berechnete, die die Klägerin ihrer Auftraggeberin erstattete. Mit ihrer Klage - soweit dieser nicht durch das Teilanerkenntnisurteil vom 25.9.2006 entsprochen wurde und die Klägerin sie nicht teilweise zurückgenommen hat - verlangt sie von der Beklagten den Ersatz der von ihr erstatteten Gutachterkosten. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das LG hat der Klage mit Schlussurteil vom 21.12.2006 stattgeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Beklagte der Klägerin nach § 13 Nr. 3 VOB/B in voller Höhe zum Ersatz der von dieser erstatteten Gutachterkosten verpflichtet sei, da die eingebauten ESG-Schreiben mangelhaft gewesen seien und die Beklagte nicht bewiesen habe, dass sie ihre Hinweispflicht nach § 4 Nr. 3 VOB/B erfüllt habe.
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie vorbringt, dass entgegen der Auffassung des LG kein Sachmangel vorliege, da es sich bei den hier gegebenen Spontanbrüchen infolge von Nickelsulfid-Einschlüssen um ein nicht vermeidbares Restrisiko handele, das die Klägerin selbst durch die Anordnung, ESG-Glas zu verwenden, begründet habe. Dieses Risiko sei, wie sie bereits in erster Instanz vorgetragen und durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt habe, in Fachkreisen allgemein bekannt und somit auch der Klägerin bekannt gewesen.
Die Beklagte beantragt:
1. Das Schlussurteil des LG Stuttgart vom 21.12.2006 wird aufgehoben.
2. Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das in den Sitzungsniederschriften protokollierte mündliche Vorbringen Bezug genommen.
B. Der Klägerin steht gegen die Beklagte gem. § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B 2000 (= bei Vertragsschluss gültige Fassung - im Folgenden: VOB/B) ein Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 2/3 der Kosten zu, die i.H.v. 850 EUR für das Privatgutachten Dr. Ing. K. entstanden sind und die die Klägerin ihrer Auftraggeberin, der F. Grundstücks-Vermietungsgesellschaft mbH, ersetzt hat. Sie kann daher nur Zahlung von 567 EUR verlangen, so dass die weitergehende Klage - soweit ihr nicht bereits durch das Teilanerkenntnisurteil entsprochen worden ist und die Klägerin sie nicht teilweise zurückgenommen hat - abzuweisen ist.
1. § 13 Nr. 3 VOB/B regelt entgegen der Auffassung des LG keine Anspruchsgrundlage für einen Ersatzanspruch, sondern nur eine Beschränkung für die Haftung des Auftragnehmers. Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Kosten ergibt sich jedoch aus § 13 Nr. 7 Abs. 1 VOB/B. Gutachterkosten - insbesondere solche, die, wie hier, der Auftraggeber seinem Vertragspartner ersetzen musste - sind Mangelfolgeschäden, die nach § 13 Nr. 7 VOB/B zu ersetzen sind (BGHZ 92, 308 [Juris Rz. 11]); BGH BauR 2002, 86 [Juris Rz. 14]). Da dieser Schaden von vornherein neben dem Nachbesserungsanspruch entsteht, ist eine Fristsetzung gem. § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B keine Anspruchsvoraussetzung (BGH, ebd.).
2. Zutreffend geht das LG davon aus, dass die Werkleistung der Beklagten mangelhaft i.S.v. § 13 Nr. 1 VOB/B ist, da die Beklagte in das von ihr errichtete Gewerk ESG-Glasscheiben eingebaut hat, die auf Grund von Nickelsulfid-Einschlüssen zu Spontanbrüch...