Leitsatz (amtlich)
Die beim Verbrauchsgüterkauf in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung, dass der Sachmangel, der sich innerhalb von 6 Monaten seit Gefahrübergang zeigt, bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag, ist nicht, weil mit der Art des Mangels unvereinbar, bereits dann ausgeschlossen, wenn ein hinreichend wahrscheinlicher Rückschluss hinsichtlich des Zeitpunkts des Eintritts des Mangels ausscheidet (hier: Verformung des Kotflügels und der Stoßstange eines gebrauchten Kraftfahrzeugs durch seitliche Krafteinwirkung).
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 16.06.2004; Aktenzeichen 5 O 95/04 Ki) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 16.6.2004 - 5 O 95/04 Ki - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.858,83 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 25.2.2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs Marke Ford Fiesta Ambiente, 1,4 l, mit der Fahrzeug-Ident.-Nr. ....
I. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeuges in Annahmeverzug befindet.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Die Revision wird insoweit zugelassen, als dem Kläger ein Rücktrittsrecht zuerkannt und deshalb zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde.
IV. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlages von 10 % leistet.
Streitwert der Berufung
(Klageantrag zu 1: 11.114,02 Euro, Klageantrag zu 2: 150 Euro): 11.264,02 Euro.
Gründe
A. Der Kläger verlangt Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Ford Fiesta.
Die Beklagte betreibt einen Handel mit Gebraucht- und Neufahrzeugen sowie eine Werkstatt mit Lackiererei.
Am 28.10.2003 kaufte der Kläger, der nicht in Ausübung einer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelte, von der Beklagten einen als Vorführwagen genutzten Ford Fiesta Ambiente, Baujahr 2001, Erstzulassung 2002, zu einem Preis von 11.500 Euro. Sowohl ein Vertreter der Beklagten als auch der Kläger unterzeichneten an diesem Tag ein mit "Gebrauchtwagen-Übergabeprotokoll" überschriebenes Formular, das nach seinem Wortlaut "Grundlage für die einjährige Sachmängelhaftung des Verkäufers ggü. dem Käufer" sein soll. In dem Protokoll wurden, jeweils durch Abhaken einer von drei vorgegebenen Möglichkeiten, u.a. die Karosserie (Nr. 01) und die Sitze (Nr. 16) der Klassifizierung 1 sowie die Felgen der Klassifizierung 2 zugeordnet. Die Hinweise zum Gebrauchtwagen-Übergabeprotokoll enthalten u.a. folgende Festlegungen:
Klassifizierung 1 einwandfreier Zustand, nur geringe Gebrauchsspuren und Verschleiß, regelmäßig gewartet, voll funktionstüchtig.
Klassifizierung 2 ohne Mängel und funktionsfähig, Gebrauchsspuren und Verschleiß sind altersgerecht und laufleistungsbedingt, kein Reparaturbedarf.
Auf den Sitzen war ein Fleck vorhanden.
Der Kaufpreis wurde am Tag des Abschlusses des Kaufvertrages bezahlt und das Fahrzeug übergeben.
Mit Schreiben vom 26.11.2003 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 10.12.2003 zur Erklärung der Bereitschaft zur Beseitigung folgender Mängel auf:
1. Die Felge auf der hinteren rechten Seite ist schadhaft.
2. Der Rand am Kotflügel vorne rechts ist uneben, was auf eine Nachbesserung nach einem Schadensereignis zurückzuführen sein könnte.
3. Der Rand am Kotflügel hinten links weist Lackbeschädigungen auf.
4. Auf der Sitzbank befindet sich ein großer Fleck, der vermutlich daraus resultiert, dass an dieser Stelle eine Flüssigkeit ausgelaufen ist. Flecken befinden sich des Weiteren am Beifahrersitz.
Die Beklagte bekundete ihre Bereitschaft innerhalb der gesetzten Frist, die Felge hinten rechts auszutauschen sowie den Rücksitz zu reinigen. Bezüglich der übrigen vom Kläger vorgebrachten Mängel, vertrat sie die Auffassung diese lägen nicht vor. Nachbesserungsmaßnahmen wurden nicht durchgeführt.
Nach Ablauf der gesetzten Frist erklärte der Kläger mit Schreiben vom 10.2.2004 den Rücktritt vom Kaufvertrag unter Aufforderung, das Fahrzeug gegen Rückzahlung des Kaufpreises spätestens bis zum 25.2.2003 zurückzunehmen. Das Fahrzeug wird vom Kläger weiter genutzt.
Der Kläger hat vorgetragen, das Fahrzeug sei bei der Übergabe mangelhaft gewesen, weil es den im Schreiben vom 26.11.2003 näher dargelegten Zustand aufgewiesen habe.
Er hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.500,35 Euro zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 25.2.2003 zu zahlen.
Im Anschluss daran hat er w...