Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
Raucht der ermüdete und angetrunkene Versicherungsnehmer im Führerhaus seines LKW eine letzte Zigarette vor dem Einschlafen, begibt sich hierfür aber nicht in die Schlafkoje, sondern verbleibt noch auf dem Beifahrersitz, dann stellt dies keine grob fahrlässige Herbeiführung des nach dem Einschlafen ausgebrochenen Brandes dar.
Normenkette
VVG § 61; AKB § 12
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 17 O 109/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 14.04.2000 dahin
abgeändert,
daß die Beklagte verurteilt wird, an die Advisa Treuhand, Hörvelsinger Weg 52-2, 89081 Ulm, DM 130.200,00 nebst 4 % Zinsen hieraus seit 13.10.1999 zu bezahlen.
Die (im Zinssatz) weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 160.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Streitwert der Berufung und Wert der Beschwer für die Beklagte: |
DM 130.200,00. |
Tatbestand
Der Kläger macht als Alleinerbe des bei einem Lkw-Brand umgekommenen Versicherungsnehmers Richard P. Ansprüche aus der für diesen Lkw bei der Beklagten bestehenden Kaskoversicherung geltend. Das Fahrzeug war bei der Fa. A. Treuhand GmbH & Leasing KG, …, geleast. Die Ansprüche sind an die Leasinggesellschaft abgetreten, die den Kläger – was in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist – zur gerichtlichen Geltendmachung ermächtigt hat.
Der Versicherungsnehmer ist Berufskraftfahrer. Er hatte am 18.06.1999 bei Bekannten in Maschen Station gemacht und in deren Wohnung den Nachmittag und Abend verbracht. Nach Genuß von Alkohol und – wegen seiner Zuckerkrankheit – Einnahme von Tabletten hatte er sich, obwohl ihm ein Schlafplatz in der Wohnung angeboten worden war, in seinen Lkw begeben, um dort, wie bei seinen Fahrten üblich, zu übernachten. Im Lkw befand sich hinter den Sitzen für Fahrer und Beifahrer eine Schlafkoje. In dieser Nacht wurde gegen 1.50 Uhr von Anwohnern festgestellt, daß der Lkw in Brand geraten war. Die benachrichtigte Polizei und Feuerwehr fand den Versicherungsnehmer tot mit stark verkohltem Körper im Fußraum vor dem Beifahrersitz liegend auf.
Am Lkw und Anhänger ist ein Totalschaden in Höhe von DM 132.200,00 entstanden, den der Kläger, abzüglich einer Selbstbeteiligung in Höhe von DM 2.000,00, auf der Grundlage des abgeschlossenen Versicherungsvertrags geltend macht. Die Beklagte hat durch vorprozessuales Schreiben vom 13.10.1999 eine Leistung abgelehnt mit der Begründung, der Versicherungsnehmer habe den Brand durch grobe Fahrlässigkeit selbst herbeigeführt.
Erstinstanzlich hat der Kläger vorgetragen, der Brand sei zwar dadurch verursacht worden, daß der Versicherungsnehmer auf dem Beifahrersitz noch geraucht habe und dabei eingeschlafen sei. Dieses Verhalten könne aber nicht als grob fahrlässig bewertet werden, sondern lediglich als ein unglückliches Ereignis, wie es immer wieder vorkomme. Die Beklagte sei daher zur Leistung der Versicherungssumme verpflichtet sowie seit 13.10.1999 zur Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 10,5 %. Der Kläger müsse an die Leasinggesellschaft Zinsen in dieser Höhe zahlen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die A. Treuhand, …, DM 130.200,00 nebst 10,5% Zinsen hieraus seit 13.10.1999 zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, das Rauchen in übermüdetem und alkoholisiertem Zustand und noch dazu unter dem Einfluß von Medikamenten in einem brandsensiblen Umfeld, wie es das Führerhaus eines Lkw mit Schlafkoje darstelle, könne nur als grob fahrlässig angesehen werden. Dies sei vergleichbar den in der Rechtsprechung regelmäßig als grob fahrlässiges Verhalten behandelten Fällen, in denen in müdem und/oder alkoholisiertem Zustand im Bett bzw. auf der Wohnzimmercouch geraucht worden ist. Überdies könne auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß der Versicherungsnehmer den Brand wegen bestehender familiärer und wirtschaftlicher Schwierigkeiten absichtlich gelegt habe. Vorsorglich werde auch der geltend gemachte Zins nach Grund und Höhe bestritten.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.
In seinem Urteil vom 14.04.2000 ist das Landgericht Stuttgart den Argumenten der Beklagten gefolgt und hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger frist- und formgerecht Berufung eingelegt.
In der Berufungsbegründung bestreitet er nun die dem erstinstanzlichen Urteil zugrundeliegende Annahme, daß Brand Ursache eine brennende Zigarette gewesen bzw., wenn doch, daß der Versicherungsnehmer mit brennender Zigarette eingeschlafen sei. Einen Nachweis gebe es hierfür nicht, lediglich entsprechende Vermutungen von Polizei und Feuerwehr...