Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 18.07.2019; Aktenzeichen 2 O 501/18) |
Tenor
1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 18.07.2019, Az. 2 O 501/18, werden zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 15 % und die Beklagte 85 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziff. 1 genannte Urteil des Landgerichts Ulm ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte aus den genannten Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger aus den genannten Urteilen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 16.000,00 EUR.
Gründe
A. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz sowie Feststellung aufgrund des Erwerbs eines vom so genannten Dieselskandal betroffenen Fahrzeugs in Anspruch.
Der Kläger erwarb am 10.03.2014 vom Autohaus H. GmbH & Co. KG, U., einen gebrauchten Pkw der Marke VW Passat Var. 2.0 Blue TDI DPF mit einer damaligen Laufleistung von 42.123 km zu einem Kaufpreis von 22.700,00 EUR (Fahrzeugbestellung in Anl. K1).
Für das Fahrzeugmodell lag zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens wie zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Kläger eine EG-Typgenehmigung vor.
Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung. Diese erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software weist zwei unterschiedliche Betriebsmodi auf. Im NEFZ schaltet sie in den Modus 1, in dem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Das Kraftfahrtbundesamt vertrat mit Bescheid vom 15.10.2015 die Ansicht, dass es sich bei der verwendeten Software um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt. Es erlegte der Beklagten auf, die entsprechende Software aus allen Fahrzeugen zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit der Fahrzeuge zu ergreifen.
Die Beklagte bietet den betroffenen Fahrzeughaltern ein kostenloses Software-Update an, mit welchem aus ihrer Sicht den Anforderungen des Kraftfahrtbundesamtes genügt wird. Der Kläger hat dieses Software-Update seinem eigenen Vortrag zufolge am 06.06.2017 installieren lassen (Anl. K3).
Der Kläger, der erstinstanzlich wie auf Seite 2 der Klageschrift (GA I 2) beantragt hat, hat im Wesentlichen vorgetragen,
ihm stehe gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB zu. Das von ihm erworbene Fahrzeug sei mit einer gesetzeswidrigen Software ausgestattet, weshalb mit einer Betriebsuntersagung und Außerbetriebsetzung gerechnet werden müsse. Ein verständiger Kunde hätte ein solches Fahrzeug nicht erworben. Das Verhalten der Beklagten stelle sich insoweit als grob sittenwidrig dar. Sie habe mehrere Millionen ihrer Kunden, die Öffentlichkeit und Behörden vorsätzlich getäuscht. Der Vorstand und dessen einzelne Mitglieder, Repräsentanten wie Prokuristen und weitere Mitarbeiter der höheren Führungsebene hätten Kenntnis von den diese Sittenwidrigkeit begründenden Umständen besessen.
Die Handlungen der Beklagten seien kausal für den entstandenen Schaden, nämlich den Abschluss des für den Kläger nachteiligen Kaufvertrages. Im Wege des Schadensersatzes sei der Kläger deshalb so zu stellen, wie er ohne die sittenwidrige Schädigung stünde. Mithin sei der streitgegenständliche Vertrag rückabzuwickeln. Er könne deshalb die Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges verlangen. Eine Nutzungsentschädigung sei grundsätzlich nicht anspruchsmindernd zu berücksichtigen. Vorsorglich lasse er sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, wobei allerdings von einer realistischen Gesamtlaufleistung von 300.000 km bis 500.000 km auszugehen sei. Darüber hinaus stehe ihm ein Anspruch auf so genannte Deliktszinsen gemäß § 849 BGB zu. Weiter könne er die Feststellung begehren, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm auch die weiteren, aus dem Kauf des Fahrzeugs resultierenden Aufwendungen und Schäden zu ersetzen.
Unabhängig davon hafte die Beklagte auch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB bzw. § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Zahlung von Schadensersatz.
Die Beklagte, die Klageabweisung beantragt hat, hat ausgeführt,
dem Kläger stehe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Insoweit fehle es bereits an einem durch den Abschluss des streitg...