Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.11.2020; Aktenzeichen XI ZR 171/19)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 91.000 Euro.

 

Tatbestand

Der klagende Verein möchte im Rahmen einer Musterfeststellungsklage verschiedene Feststellungen im Zusammenhang mit der Erteilung von Pflichtangaben und den Rechtsfolgen der fehlerhaften Erteilung von Pflichtangaben beim von der beklagten Bank finanzierten Kauf von PKW durch Verbraucher erreichen.

Der Kläger ist seit dem Jahr 2004 in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragen. Nach seiner Satzung besteht beim Kläger neben der Möglichkeit einer als "Vollmitgliedschaft" bezeichneten Mitgliedschaft die Möglichkeit einer dort so genannten "Internetmitgliedschaft", wobei "Internetmitglieder" insbesondere keine Stimmrechte im Verein haben; die Mitgliederzahl des Klägers ist im Einzelnen streitig, er hat jedoch unstreitig höchstens rund 150 natürliche Personen als Vollmitglieder. Rund 30 Angehörige, teils Rechtsanwälte, der im vorliegenden Verfahren vom Kläger prozessbevollmächtigten Kanzleien sind dem Verein beigetreten, nachdem der Deutsche Bundestag die gesetzliche Grundlage für das Inkrafttreten der Vorschriften über die Musterfeststellungsklage geschaffen hatte.

Der Kläger behauptet zuletzt, er verfüge über insgesamt 422 natürliche Personen als Mitglieder. Er erfülle seine satzungsmäßig im Schutz der Verbraucher vor unredlichen Finanzdienstleistern bestehenden Aufgaben vornehmlich durch Aufklärung und Beratung von Verbrauchern, was durch Verbreitung von Schriften, durch Vorträge und Versammlungen sowie durch Einrichtung von Beratungsstellen erfolge. Er erhebe die vorliegende Klage und allgemein Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung. Er habe im Jahr 2017 552.522,53 Euro eingenommen, von denen 1.000,00 Euro aus Spenden, 10.835,00 Euro aus Mitgliedsbeiträgen, 196.975,07 Euro aus Abmahnungen und 343.712,46 Euro aus Vertragsstrafen stammten. Im ersten Halbjahr 2018 habe er 591.528,15 Euro eingenommen, von denen 2.000,00 Euro auf Spenden, 4.620,00 Euro auf Mitgliedsbeiträge, 282.381,75 Euro auf Abmahnungen und 302.526,40 Euro auf "Vertragsstrafen" entfallen seien. Der Kläger hat mit der Klage diverse Vertragsformulare der Beklagten sowie von zehn Personen deren Verträge mit der Beklagten nebst Widerrufserklärungen und eidesstattlichen Versicherungen vorgelegt, wonach die Fahrzeuge jeweils zur privaten Nutzung gekauft worden seien.

In der Sache ist der Kläger zum einen der Auffassung, die Beklagte erteile in ihren Formularverträgen, die vom Kläger in verschiedenen Fassungen zum Gegenstand der Klage gemacht werden, die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben unter verschiedenen Gesichtspunkten nicht korrekt, jeweils mit der Folge, dass die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt werde. Zum anderen möchte der Kläger festgestellt sehen, dass Verbraucher im Fall des Widerrufs von unter Verwendung der streitgegenständlichen Vertragsformulare zustande gekommenen Darlehensverträgen im Rahmen der Rückabwicklung keinen Wertersatz für die Nutzung der Fahrzeuge zu leisten hätten.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass

  • für einen mit der Beklagten ab dem 13.06.2014 bis zum 20.03.2016 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag i. S. d. § 491 Abs. 1 BGB1 - der nicht zugleich Immobiliardarlehensvertrag i. S. d. § 503 BGB2 ist - bzw. für einen ab dem 21.03.2016 abgeschlossenen Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag i. S. d. § 491 Abs. 2 S. 1 BGB3,
  • der mit einem Kfz-Kaufvertrag ein verbundenes Geschäft i. S. d. § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB4 bildet,

(im Folgenden einheitlich: Kfz-Finanzierungsdarlehen),

die gesetzliche Widerrufsfrist gem. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB i. V m. §§ 356b Abs. 2 S. 1, 492 Abs. 2 BGB5 für die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung des Verbrauchers - unbeschadet individueller Umstände wie Verwirkung oder Nachholung einer Pflichtangabe - nicht zu laufen beginnt, wenn die Vertragsurkunde einschließlich der ihr beigefügten und in den Vertrag einbezogenen allgemeinen Geschäftsbedingungen eine oder mehrere der folgenden Formulierungen enthält:

1 i. d. Fassung v. 20.09.2013 (gültig ab dem 13.06.2014 bis zum 20.03.2016)

2 i. d. Fassung v. 29.07.2009 (gültig ab dem 11.06.2010 bis zum 20.03.2016)

3 i. d. Fassungen v. 11.03.2016 (gültig ab dem 21.03.2016 bis zum 09.06.2017) und 06.06.2017 (gültig ab dem 10.06.2017)

4 i. d. Fassungen v. 20.09.2013 (gültig ab dem 13.06.2014 bis zum 20.03.2016) und 11.03.2016 (gültig ab dem 21.03.2016); fortan ohne Fassungsnennung

5 i. d. Fassungen v. 20.09.2013 (gültig ab dem 13.06.2014 bis zum 20.03.2016) und 11.03.2016 (gültig ab dem 21.03.2016); fortan ohne Fassungsnennung

a) die Widerrufsfrist beginne

"nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. An...

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