Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des "Anderen" i.S.d. § 799a ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Soweit die Überleitungsvorschrift des § 37 EGZPO darauf abstellt, ob die Vollstreckung aus der in Frage stehenden Urkunde vor dem 19.08.2008 für unzulässig erklärt wurde, kommt es auf den Erlass der Entscheidung und nicht deren Rechtskraft an.
2. § 799a ZPO ist auch auf umwandlungsrechtliche Vorgänge anwendbar. Anderer im Sinne der Norm ist deswegen auch eine Gesellschaft, auf die im Rahmen der Ausgliederung eine vollstreckbare Urkunde übergegangen ist.
3. Die Hemmung der Verjährung tritt bei der Mitgläubigerschaft auch dann ein, wenn ein Mitgläubiger nur auf Leistung an sich alleine klagt.
Normenkette
BGB § 432; EGZPO § 37; ZPO § 310 Abs. 1 S. 2, § 799a
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 20.09.2017; Aktenzeichen 21 O 464/11) |
Tenor
1. Das Versäumnisurteil des Senats vom 21.11.2018 - 9 U 49/18 - wird im Kostenpunkt und soweit es in der Sache eine Abweisung i.H.v. 27.875,18 EUR nebst Zinsen seit dem 20.09.2013 betrifft, aufgehoben. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 20.09.2017 - 21 O 464/11 - abgeändert und wie folgt neu gefasst wird:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.875,18 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen der Kläger 3/4, die Beklagte 1/4. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 30 % und die Beklagte 70 %. Die durch die Säumnis im Termin am 21.11.2018 verursachten Kosten trägt der Kläger.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die gegen ihn gerichtete Vollstreckung abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages, sofern nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 40.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte im Berufungsverfahren noch Schadenersatz wegen einer unzulässigen Zwangsvollstreckung in ein zur Hälfte ihm gehörendes Wohneigentum geltend.
Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend ist festzustellen, dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.04.2019 die Wertangabe des Klägers zum Verkehrswert der versteigerten Eigentumswohnung (22.000,00 EUR) unstreitig gestellt hat.
Das Landgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 24.02.2016 einen Verkündungstermin bestimmt, diesen einmal verlegt und ohne Entscheidung verstreichen lassen. Ein knappes Jahr später hat das Landgericht - ohne eine weitere mündliche Verhandlung durchzuführen - einen neuen Verkündungstermin bestimmt, diesen mehrmals verlegt und schließlich am 20.09.2017 ein Urteil verkündet, das dem Klägervertreter am 29.03.2018 zugestellt wurde.
Soweit hier von Interesse hat das Landgericht ausgeführt:
Der Kläger habe gegen die Beklagte - weil diese Norm auf die Zwangsvollstreckung aus vollstreckbaren Urkunden nicht anwendbar sei - weder einen Schadenersatzanspruch aus § 717 Abs. 2 ZPO, noch aus § 799a ZPO. Letztgenannte Vorschrift sei teleologisch zu reduzieren. Soweit sie voraussetze, dass "ein anderer" als der in der Urkunde bezeichnete Gläubiger die Vollstreckung betreibe, gelte diese nicht für eine Rechtsnachfolge, wie sie hier zwischen der Beklagten und ihrer in der Urkunde genannten Rechtsvorgängerin in Rede stehe. Zudem sei § 799a ZPO schon nicht anwendbar, weil die Norm erst nach dem Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung in Kraft getreten sei.
Etwaige Schadensersatzansprüche aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB oder auch § 823 Abs. 1 BGB wegen der letztlich nicht gerechtfertigten Vollstreckung hätten auszuscheiden, weil diese Ansprüche jedenfalls gemäß § 199 Abs. 1 BGB kenntnisabhängig verjährt seien. Für die Kenntnis sei auf den (dem Kläger unmittelbar bekannt gewordenen) Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren (03.04.2007) abzustellen, weswegen Verjährung mit Ablauf des 31.12.2010 eingetreten sei.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 20.03.2018 eingegangenen und am 22.05.2018 (innerhalb der bis dahin verlängerten Berufungsbegründungsfrist) begründeten Berufung. Mit der Berufung wendet er sich gegen die Abweisung seines Zahlungsantrages.
Der Kläger beanstandet die landgerichtliche Entscheidung als prozessordnungswidrig. Das Landgericht habe gegen § 310 ZPO verstoßen. Fehler in dem Urteil, beispielsweise die Falschbezeichnung der Eigentumswohnung (Nr. 67 statt Nr. 113) würden zeigen, dass der Einzelrichter nicht mehr genügend Erinnerungsvermögen an die mündliche Verhandlung gehabt habe.
Das Landgericht habe einen Schadenersatzanspruch des Klägers zu Unrecht abgewiesen. Denn das Oberlandesgeric...