Leitsatz (amtlich)

1. Baugeld ist auch dann i.S.v. § 1 Abs. 3 GSB a.F. einem Baugeldempfänger gewährt worden, wenn dieser das Geld selbst nicht erhält, es jedoch auf seine Anweisung hin direkt an eine den Baugeldempfänger finanzierende Bank gezahlt wird. Dies gilt auch dann, wenn diese Vorgehensweise allein auf Drängen der Bank gewählt wird.

2. Werden fälligkeitsbegründende Schlussrechnungen eines Bauhandwerkers erst nach einem Insolvenzantrag gestellt, steht dies einem Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 GSB a.F. nicht grundsätzlich entgegen. Dies kann allerdings Auswirkung auf die Schadenshöhe haben. Da die Baugeldverwendungspflicht nach Insolvenzeröffnung ruht, wäre bei Insolvenzeröffnung noch vorhandenes Baugeld unter allen Gläubigern zur Verteilung gelangt. Ein Schaden ist dann in Höhe der bei Insolvenzeröffnung zu erwartenden Quote denkbar.

 

Normenkette

GSB § 1; BGB § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Ellwangen (Urteil vom 06.09.2010; Aktenzeichen 2 O 319/09)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten hin wird das Urteil des LG Ellwangen vom 6.9.2010 (Az. 2 O 319/09) wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagten Ziff. 1, 3 und 4 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 21.000 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1.9.2009 zu bezahlen.

2. Die Beklagten Ziff. 3 und 4 sind dem Grunde nach, der Beklagte Ziff. 1 ist dem Grunde nach bis zu einem Höchstbetrag von 136.624,93 EUR verpflichtet, der Klägerin als Gesamtschuldner Schadensersatz für die über 21.000 EUR hinausgehende restliche Vergütung aus der Schlussrechnung Nr. 344108 vom 11.6.07, für die restliche Vergütung aus den Schlussrechnungen Nr. 344389 vom 12.3.08 sowie Nr. 344404 vom 27.3.08 für ihre Bauleistungen für das Bauvorhaben "D", in X zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

IV. Dieses Urteil und das Urteil des LG Ellwangen, soweit es aufrechterhalten wurde, sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweiligen Vollstreckungsschuldner können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der jeweilige Vollstreckungsgläubiger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.

V. Der Rechtsstreit wird zur Entscheidung über die Höhe des Anspruchs an das LG Ellwangen zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von den Beklagten in deren Eigenschaft als ehemalige Vorstandsmitglieder der zwischenzeitlich insolventen Stiftung "D" Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Baugeldern. Die Klägerin war von der Stiftung mit der Erbringung verschiedener Bauleistungen beauftragt worden und verlangt hierfür noch insgesamt 204.524,17 EUR aus den folgenden drei Rechnungen:

  • 69.878,64 EUR aus der Schlussrechnung vom 11.6.07 (betreffend Haus 1)
  • 57.377,16 EUR aus der Schlussrechnung vom 12.3.08 (betreffend Heizzentrale)
  • 77.268,37 EUR aus der Schlussrechnung vom 27.3.08 (betreffend Haus 2).

Der Beklagte zu 1 wurde am 2.11.2006 Vorstandsmitglied und am 11.12.07 Vorstandsvorsitzender. Der Beklagte zu 2 übernahm am 20.8.07 das Amt des Geschäftsführers und wurde am 17.12.07 Vorstandsmitglied. Die Amtszeiten der Beklagten zu 3 und 4 als Vorstandsmitglieder dauerten vom 4.12.2002 bis zum 4.12.2007.

Am 22.2.08 wurde die Insolvenz über das Vermögen der Stiftung beantragt; am 18.4.08 erfolge die Ablehnung der Insolvenzeröffnung mangels Masse.

Das LG Ellwangen verurteilte die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung des unstreitigen Teils der Werklohnforderung i.H.v. 21.000 EUR und stellte dem Grunde nach die Schadensersatzpflicht der Beklagten für die darüber hinaus gehende Vergütung fest (Urt. v. 6.9.2010 - 2 O 319/09).

Auf die Berufung der Beklagten hin änderte das OLG Stuttgart das erstinstanzliche Urteil im Feststellungsausspruch dahingehend ab, dass die Haftung der Beklagten sich lediglich auf die Schlussrechnung vom 11.6.07 erstreckt; im Hinblick auf die beiden anderen Schlussrechnungen wies es die Klage ab (Urteil vom 25.8.11, Az. 10 U 152/10).

Der BGH wies die Revisionen der Beklagten zu 3 und 4 gegen das vorgenannte Urteil des OLG Stuttgart zurück, hob auf die Revisionen der Beklagten zu 1 und 2 das Urteil jedoch insoweit auf, als dort zum Nachteil der Beklagten zu 1 und 2 entschieden worden war. Auf die Revision der Klägerin wurde das Urteil insoweit aufgehoben, als deren Klage wegen der Schlussrechnungen vom 12.3.08 und 27.3.08 abgewiesen worden war. Im Umfang der Aufhebung wurde der Rechtsstreit an das OLG Stuttgart zurückverwiesen (Urteil vom 20.12.12, Az. VII ZR 187/11).

Wegen der weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestands sowie der Einlassungen der Parteien in den Vorinstanzen wird auf die genannten Urteile des LG Ellwangen, des OLG Stuttgart sowie des BGH verwi...

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