Leitsatz (amtlich)
1. Ob ein Darlehensvertrag und ein (gleichzeitig mitkreditierter) Restschuld-Versicherungsvertrag verbundene Geschäfte gem. § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB sind, bleibt offen.
2. Selbst wenn der Versicherungs-Beitrag aus der - dem Kreditnehmer im Übrigen frei verfügbaren - Darlehens-Valuta unmittelbar an den Versicherer ausbezahlt worden ist, kann der Darlehensschuldner bei wirksamem Widerruf des Kreditvertrages den vollen abgeflossenen Versicherungsbeitrag wegen der gesetzlich angeordneten Rechtsfolge des § 358 Abs. 3 Satz 4 BGB nicht vom Kreditgeber zurückerstattet verlangen.
3. Dies gilt auch im Fall der Insolvenz des Darlehensnehmers. Insolvenzrechtliche Bestimmungen, insbesondere § 96 Abs. 1 Satz 1 InsO, stehen dem nicht entgegen.
Normenkette
BGB §§ 355, 358 Abs. 3, § 495; InsO § 96 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 15.01.2009; Aktenzeichen 2 O 305/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Ravensburg vom 15.1.2009 - 2 O 305/08 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.933 EUR.
Gründe
I. Der Kläger als insolvenzrechtlicher Treuhänder fordert von der Beklagten die Rückzahlung eines Versicherungsbeitrags nach Widerruf eines Darlehensvertrages.
Der Kläger ist mit Beschluss des AG Ravensburg - Insolvenzgericht - vom 7.1.2008 zum Treuhänder über das Vermögen des ... (im Folgenden: Insolvenzschuldner) bestellt worden.
Am 13.10.2004 schloss der Insolvenzschuldner mit der Beklagten einen Darlehensvertrag (Anlage K 2) über einen Nettokredit von 32.974,62 EUR zzgl. eines Versicherungsbeitrages von 6.932,57 EUR. Am gleichen Tag unterzeichnete der Insolvenzschuldner einen Versicherungsvertrag für Ratenkredite (Anlage K 3/3) mit der Cxx-Versicherung (im Folgenden: Cxx), einen sog. Restschuldversicherungsvertrag, welcher ihm von dem für die Kreditvergabe zuständigen Sachbearbeiter der Beklagten vermittelt wurde. Gegenstand des Versicherungsvertrages waren eine Kreditlebensversicherung mit Arbeitsunfähigkeitszusatzversicherung sowie eine Arbeitslosigkeitsversicherung, jeweils für den Insolvenzschuldner als Versicherungsnehmer und versicherte Person. Als Versicherungsprämie sah der Vertrag Einmalbeiträge von 3.958,10 EUR für die Kreditlebensversicherung und von 2.974,47 EUR für die Arbeitslosigkeitsversicherung vor. Die Widerrufsbelehrung zum Darlehensvertrag enthielt keine Belehrung über die Rechtsfolgen bei verbundenem Geschäft, § 358 Abs. 5 BGB.
Der Kläger widerrief mit Schreiben vom 13.6.2008 (Anlage K 3) den Kreditvertrag ggü. der Beklagten und forderte sie mit Schreiben vom 17.7.2008 (Anlage K 3/6) zur Rückzahlung des Versicherungsbeitrags i.H.v. insgesamt 6.932,57 EUR auf.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Versicherungsvertrag und Darlehensvertrag seien verbundene Verträge, so dass das Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht erloschen sei und er im Rahmen des durch Widerruf zustande gekommenen Rückabwicklungsverhältnisses von der Beklagten die Rückzahlung des Versicherungsbeitrags verlangen könne. Hilfsweise stehe ihm der Rückzahlungsanspruch aus culpa in contrahendo zu, weil die Beklagte es versäumt habe, den Insolvenzschuldner über eine Provisionszahlung - sog. kick-back - aufzuklären, die ihr von der Cxx gewährt worden sei.
Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, wegen des streitigen Parteivortrags in erster Instanz sowie wegen der dort gestellten Anträge der Parteien wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es aufgeführt, dass Darlehensvertrag und Versicherungsvertrag schon keine verbundenen Verträge seien.
Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und mit einer Begründung versehenen Berufung greift der Kläger das Urteil des LG im Wesentlichen wie folgt an: Verbundene Verträge lägen vor. Ein "dienen" i.S.v. § 358 Abs. 3 Satz 1 BGB sei nicht nur dann anzunehmen, wenn die Finanzierung der Restschuldversicherung wirtschaftlicher Grund für die Aufnahme des Darlehens gewesen sei, vielmehr genüge es, wenn die Darlehensvaluta ganz oder teilweise zur Finanzierung der Versicherung verwendet worden sei. Auch habe die Versicherung nicht der Absicherung des Insolvenzschuldners, sondern den Interessen der Beklagten gedient; der Insolvenzschuldner habe die Versicherung nicht benötigt, weil er durch das Insolvenzverfahren von seiner Leistungspflicht befreit werden könne. Eine wirtschaftliche Einheit i.S.v. § 358 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BGB sei schon allein deshalb anzunehmen, weil sich die Cxx bei Abschluss des Versicherungsvertrages von der Beklagten habe vertreten lassen und sich Cxx und Beklagte derselben Vertriebsorga...