Leitsatz (amtlich)
Finanzierter Beitritt zu einer Fondsgesellschaft: Rückforderungsdurchgriff gegen die finanzierenden Bank bei einer Haftung der Gründungsgesellschafter wegen falscher Prospektangaben; Falschangaben zu Innenprovisionen; Verjährungsbeginn für Schadenersatzansprüche nach neuem Verjährungsrecht.
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 29.04.2005; Aktenzeichen 8 O 640/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 29.4.2005 (8 O 640/04) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 40.000 EUR.
Tatbestand
I. Die Kläger begehren von der Beklagten die teilweise Rückzahlung von Beträgen, die sie zur Tilgung eines Darlehens an die Beklagte erbracht hatten. Nachdem sie die Darlehensvaluta zunächst zurückbezahlt hatten, haben sie den Darlehensvertrag nach dem HWiG widerrufen und berufen sich zudem u.a. auf die Grundsätze des Rückforderungsdurchgriffs.
1. Wegen des unstreitigen Vorbringens der Parteien wird auf das angegriffene Urteil verwiesen. Ergänzend ist anzuführen, dass folgendes (teilweise erst) in zweiter Instanz unstreitig ist:
Die Fa. WGS GmbH (im Weiteren: WGS) war zusammen mit ihrem Alleingesellschafter ... Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaft.
Die auf die Einzelheiten des Fonds eingehende Werbung der Kläger fand unter Verwendung des Fondsprospekts ("Präsentationsmappe") statt. Dieser besteht aus 2 Teilen, nämlich dem Prospektteil I, der neben Gesellschafts- und Immobilienerwerbsvertrag auch alle Funktionsverträge im Wortlaut, ein Chancen-Risiko-Raster sowie die Baupläne, Baubeschreibungen und weitere technische Unterlagen enthält, und dem Prospektteil II, der u.a. aus einer Beispielrechnung zum Liquiditätsverlauf besteht. Als erster Vertrag ist im Prospektteil I der zweiseitige Treuhandvertrag abgedruckt, dem eine einseitige Zahlungsanweisung an den Treuhänder beigefügt ist. Dort ist die Verwendung der Einlage aufgeschlüsselt ("Mittelverwendung"). Danach sollen auf den Grunderwerb 26.000 DM entfallen, vom Restbetrag auf die "Vertriebskosten" 1.839 DM. Die Liquiditätsberechnung im Prospektteil II (eine Spalte einer DIN A 4 - Seite), die von einem fiktiv angenommenen zu versteuernden Einkommen ausgeht, sieht für die Investitionsphase im Rahmen der "steuerlichen Betrachtung" unter "Werbungskosten" vor, dass "Vertriebskosten" von 1.839 DM (erfolgreich) geltend gemacht werden. Bereits im Rahmen des ersten Termins ging der Vermittler mit den Klägern Liquiditätsberechnungen im Einzelnen durch.
Das für die Rückzahlung der Darlehensvaluta an die Beklagte zum 31.8.2001 erforderliche Kapital beschafften sich die Kläger zumindest größtenteils durch Aufnahme eines Darlehens bei einer anderen Bank. Einige Tage nach Eingang des Kapitals, nämlich mit Schreiben vom 3.9.2001, von den Klägern am 17.9.2001 bestätigt, gab die Beklagte die für das Darlehen haftenden Sicherheiten frei.
Die Fondsausschüttungen betrugen zwischen 1991 und 2005 11.951,96 EUR, wobei der Fonds letztmals im Jahr 2000 ausschüttete und zwar 30 DM/Monat. Die gesamten Steuervorteile der Kläger (vor einer Versteuerung der mit dieser Klage geltend gemachten Beträge) beliefen sich für die Jahre 1991 bis 2005 auf 18.229,30 EUR.
Die Beklagte hat sich in der Berufung erstmals auf Verjährung berufen.
2. Für den streitigen Vortrag in erster Instanz und die dort gestellten Anträge wird ebenfalls auf das Urteil des LG Bezug genommen.
3. Das LG hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es angeführt: Zwar könnten sich die Kläger nicht auf eine Rückabwicklung des Darlehensvertrags nach dem HWiG stützen, weil das Widerrufsrecht nach § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG vier Wochen nach der Darlehenstilgung erloschen sei. Die Klage sei aber nach den Grundsätzen des Rückforderungsdurchgriffs begründet, denn der Vermittler, dessen Tätigkeit der Vertriebsgesellschaft zuzurechnen sei, habe die Kläger falsch beraten, weil er ihnen ein persönliches Berechnungsbeispiel vorgelegt habe, in dem der Wert der Fondsanteile über 21 Jahre mit einer Wertsteigerung von 6 % p. a. hochgerechnet worden sei, während sich aus dem zugehörigen Text ergeben habe, dass die Berechnung auf einer Wertsteigerung von 3 % beruhe. Den hieraus resultierenden Schadensersatzanspruch könnten die Kläger der Beklagten entgegen halten, weil die Voraussetzungen eines verbundenen Geschäfts vorgelegen hätten und sie deshalb schon nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet gewesen wären. Die Kläger hätten ihre Rechte auch nicht verwirkt. Verbleibende Steuervorteile müssten sie sich zwar anrechnen lassen, sie würden aber nicht zu einer Verringerung des zuzusprechenden ...