Leitsatz (amtlich)
Kollidiert ein alkoholbedingt absolut fahruntüchtiger Fahrer infolge einer wesentlichen Überschreitung der Mittellinie mit einem Fahrzeug des Gegenverkehrs, dessen Fahrer das Rechtsfahrgebot nicht beachtet hat, muss sich der Fahrer bzw. Halter des entgegenkommenden Fahrzeugs wegen dieses Verkehrsverstoßes trotz groben Verschuldens des alkoholisierten Fahrers einen Mitverschuldensanteil von 20 % anrechnen lassen.
Verfahrensgang
LG Tübingen (Urteil vom 31.03.2006) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer (Einzelrichter) des LG Tübingen vom 31.3.2006 in Ziff. 1 und in Ziff. 3 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. ...
3.a) ...
b) ...
c) ...
d) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Schmerzensgeld 2.000 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.9.2004 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zum Ersatz seines materiellen Schadens 1.764,36 EUR zzgl. Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.9.2004 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 24.12.2002 auf der Bundesstrasse ... zwischen ... und ... unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 20 % zu Lasten der Beklagten zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Kosten 1. Instanz:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte 9/30, der Kläger und die Widerbeklagte Ziff. 2 als Gesamtschuldner 10/30 und darüber hinaus der Kläger weitere 11/30.
Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt dieser selbst 7/10, die Beklagte 3/10.
Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst 9/30, der Kläger und die Widerbeklagte Ziff. 2 als Gesamtschuldner 10/30 und darüber hinaus der Kläger weitere 11/30.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 52 %, die Beklagte 48 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages geleistet wird.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert der Berufung: 11.952,91 EUR.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz und Feststellung aus einem Verkehrsunfall und geht dabei von einem Mitverschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten i.H.v. 30 % aus. Zu den Einzelheiten wird auf die Feststellungen im Urteil des LG Tübingen verwiesen.
Das LG hat die Klage durch Urteil vom 31.3.2006 abgewiesen. Gleichzeitig hat es der Beklagten im Wege der Widerklage eine Regressforderung gegen den Kläger und dessen drittwiderbeklagte Haftpflichtversicherung zugesprochen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger hinsichtlich der Abweisung seiner Klage Berufung eingelegt.
Er macht geltend, dass das Urteil des LG verfahrensfehlerhaft ergangen sei. Er habe unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Unfall durch eine Ausweichbewegung des Versicherungsnehmers hätte vermieden werden können. Gleichwohl sei das LG ohne Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass der Versicherungsnehmer auf sein Fahrverhalten nicht mehr rechtzeitig habe reagieren können. Aus den Akten seien keine entsprechenden Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.
Im Übrigen sei das Urteil rechtsfehlerhaft ergangen. Der Verstoß des Versicherungsnehmers des Beklagten gegen das Rechtsfahrgebot sei unfallursächlich gewesen. Dessen Verschulden sei nicht als gering anzusehen, weshalb eine Mithaftung der Beklagten i.H.v. 30 % anzunehmen sei.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des LG Tübingen
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem 17.9.2004 zu bezahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 2.952,91 zzgl. Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 17.9.2004 zu bezahlen;
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 24.12.2002 auf der Bundesstrasse ... zwischen ... und ... unter Zugrundelegung einer Haftungsquote von 30 % zu Lasten der Beklagten zu ersetzen, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg.
1. Materieller Schaden
Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger gem. §§ 823, 254 BGB, § 7, 17 StVG, § 3 PflVG EUR 1.764,36 zum Ersatz seines materiellen Schadens zu zahlen.
Die Beklagte hat 20 % des Schadens des Klägers zu tragen. 80 % seines Schadens trägt der Kläger selbst.
a) Unstreitig hat der Kläger den Un...