Leitsatz (amtlich)
Zu den Aufklärungs- und Beratungspflichten einer Bank bei Empfehlung eines einfachen Zinssatzswap-Geschäfts, der der Absicherung eines variabel verzinslichen Darlehens dient.
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 03.08.2011; Aktenzeichen 40 O 28/11 KfH) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 40. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 3.8.2011 - 40 O 28/11 KfH, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das Urteil des LG und dieses Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, die Beklagte leistet vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Wert der Berufung: bis 65.000 EUR
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Zinssatzswap-Geschäfts. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe keine Pflichten aus dem Beratungsvertrag verletzt. Die Funktionsweise des Zinssatzswaps sei richtig, vollständig und verständlich erläutert worden. Durch den Swap-Vertrag habe die Klägerin aus einem bestehenden, variabel verzinslichen Kredit einen solchen mit einer festen Zinsverpflichtung ohne weiteres Risiko gemacht. Das spekulative Risiko, dass die variablen Darlehenszinsen unter den vereinbarten Festzinssatz fallen können, könne zwar zu einer Verschlechterung der Darlehenskonditionen der Klägerin führen, habe ihr aber höhere Planungssicherheit gegeben. Es sei Aufgabe der Klägerin gewesen selbst zu ermitteln, ob der von der Beklagten angebotene Zinssatz marktgerecht gewesen sei. Die Beklagte habe nicht über den anfänglichen negativen Marktwert aufklären müssen. Die Klägerin habe grundsätzlich gewusst, dass die Beklagte eine Marge verdiene. Es liege keine Zinswette wie im Fall des BGH vom 22.3.2011 (XI ZR 33/10) vor. Der Zinssatzswap habe der Sicherung eines konnexen Grundgeschäfts gedient und enthalte nicht die spekulative Übernahme einer offenen Risikoposition. Aus dem Vorwurf, die Beklagte hätte ihr alternativ auch einen Zins-Cap anbieten müssen, könne ein Schadensersatzanspruch nicht abgeleitet werden. Die Klägerin habe nicht vorgetragen, dass und mit welchem Inhalt sie einen solchen Vertrag bei umfassender Beratung abgeschlossen hätte. Auch sei der Klageantrag nicht auf eine derartige Pflichtverletzung ausgerichtet.
Gegen das ihr am 16.8.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.9.2011 Berufung eingelegt und diese am 16.10.2011 mit einer Begründung versehen. Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das LG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte ihr Anlegerprofil nicht ermittelt und eine Befragung nach § 31 Abs. 4 WpHG nicht durchgeführt habe. Der Zeitdruck, unter den sie die Beklagte gesetzt habe, sei ebenso wenig gewürdigt worden wie der Umstand, dass die Zinsmeinung der Klägerin als Entscheidungsgrundlage für den Vertrag mit einer Laufzeit von mehr als 7 Jahren ungeeignet und sie daher nicht in der Lage gewesen sei, den marktgerechten Zins zu ermitteln. Zur Darstellung der Chancen und Risiken fehle eine Beispielsberechnung. Die Beklagte hätte die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Ausführung des Swaps unabhängig von der Valutierung des Darlehens erfolge. Die Klägerin sei der Meinung gewesen, dass sich die Zahlungsverpflichtungen aus dem Swap für beide Seiten nach dem tatsächlich in Anspruch genommenen Darlehensbetrag richteten. Jedenfalls hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass wegen des ersten Abrechnungstermins für den Swap am 30.3.2009 auf jeden Fall der volle Betrag von 880.000 EUR zur Grundlage des Zahlungsaustauschs gemacht werde, obwohl die Klägerin das Darlehen erst zum 25.6.2009 habe abrufen müssen. Das LG habe fehlerhaft die unterbliebene Beratung hinsichtlich der Möglichkeit zum Abschluss eines Zins-Caps nicht als pflichtwidrig und schadensursächlich angesehen. Die Klägerin könne mangels eines entsprechenden Angebots allerdings nicht erklären, ob sie gegebenenfalls einen Zins-Cap abgeschlossen hätte. Im Rahmen des Schadensersatzes müsse sie aber keinen hypothetischen Zustand schildern, sondern könne die Herstellung des Zustandes verlangen, der ohne das schädigende Ereignis bestanden hätte. Im Übrigen habe der Swap einen negativen Marktwert von 4-6 % gehabt. Insoweit habe die Beklagte einen aufklärungspflichtigen Wissensvorsprung gehabt.
Die Klägerin beantragt:
1. Das Urteil des LG Stuttgart vom 3.8.2011 zum Az. 40 O 28/11 KfH wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin aus sämtlichen Verbindlichkeiten, die aufgrund der zwischen der Beklagten und der Klägerin getroffenen Vereinbarung über den Zinssatz-Swap mit der Referenznummer 60121 (bestehen), freizus...